Demonstration in Eisenhüttenstadt am 08. März 2017 um 12.30 Uhr.
Viele Frauen und Kinder leben nach wie vor in Großlagern, die ihr Leben unsicher machen. Ein Leben im Lager bedeutet die tägliche Erfahrung struktureller und körperlicher Gewalt, die in Form von Belästigungen, Übergriffen, Erpressung, Isolation, Ausgrenzung und Schutzlosigkeit stattfindet.
Während der Bustour von Women in Exile letzten Sommer durch Deutschland haben wir viele Flüchtlingsfrauen getroffen, die uns davon erzählten, was sie in den Lagern erleben. Die Bewacher stellen sich über die Ausländerbehörde , indem sie Flüchtlinge mit Abschiebungen bedrohen und erpressen. Frauen und Kinder gehen hungrig ins Bett. Schwer Kranke werden nicht medizinisch versorgt, es gibt keine Privatsphäre, kein selbstbestimmtes (Familien-) Leben, keine Rückzugsorte in den Lagern. Gewalt und Diskriminierung zwischen Flüchtlingen und seitens der MitarbeiterInnen gibt es täglich. Unter dieser Situation leiden Frauen und Kinder am stärksten. Wir haben einige dieser Berichte auf unserem Blog (1) dokumentiert.
Brandenburg: keine Ausnahme
Im letzten Jahr sind Frauen auch in Brandenburg immer wieder Opfer von gewalttätigen und menschenrechtsverletzenden, oft nächtlichen Abschiebungsversuchen geworden. Dabei erlitten sie zum Teil erhebliche Körperverletzungen. Viele geflüchtete Frauen und UnterstützerInnen protestierten dagegen [2].
Anfang diesen Jahres haben wir die Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt besucht, und wir sprachen mit einer Gruppe von Frauen, die dort leben und auf ihr Interview warten oder ihre Verlegung in ein anderes Lager. Einige haben Kinder oder sind schwanger. Sie leben in ständiger Angst vor einer Abschiebung. Frauen, die in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen, haben keinen Zugang zu unabhängiger Asylverfahrensberatung und können ihre spezifischen Fluchtgründe oft nicht vorbringen, vor allem, wenn sie aus sog. sicheren Herkunftsstaaten wie zum Beispiel Serbien, Senegal oder Ghana kommen.
Im letzten Jahr sind zahlreiche Frauen in Unterkünften der Erstaufnahme Opfer von Gewalt und sexueller Belästigung geworden. Immer wieder wurden die Vorfälle und auch Vertuschungsversuche durch Verantwortliche öffentlich [3] [4].
Besonderer Schutzanspruch – ohne Gewähr
Insbesondere flüchtende Frauen und Kinder sind Gefahren ausgesetzt. Es stehen ihnen – auch rechtlich – besonderer Schutz und angemessene Aufnahmebedingungen zu, auch um sie vor Gewalt zu schützen. Dazu gehören zum Beispiel Unterbringung und Gesundheitsversorgung. In Brandenburg – vor allem in der Erstaufnahme – wird ihnen dieser Schutz aber systematisch vorenthalten. Stattdessen sind sie durch die Bedingungen weiterhin Übergriffen und Belästigungen ausgesetzt und werden gesundheitlich nur not-versorgt. Dies wird uns immer wieder von Frauen berichtet, die oft Monate in der Erstaufnahmeinrichtung des Landes verbringen müssen [5].
Kein Schutz in Massenunterkünften
Die Behörden geben viel Geld aus für Schönheitsreparaturen der Lager, aber das ändert nichts an dem, was innerhalb passiert. Einerseits wurden die Gebäude neu angestrichen oder renoviert, in einigen Fällen wurde die Sicherheitsfirma gewechselt, in anderen sogar die ganze Verwaltung, oft erst nachdem Vorfälle bekannt geworden sind. Obwohl das Thema Gewalt gegen Frauen inzwischen aufgegriffen wird, geht der Umgang allzu oft am Problem vorbei, weil es darum geht, die Frauen in den Unterkünften zu “verwalten”, statt ihnen Gewalterfahrungen zu ersparen, indem sie eine eigene Wohnung beziehen dürfen.
Solange es Lager gibt, werden sich Rassismus und Diskriminierung genauso fortsetzen wie Erfahrungen von Gewalt innerhalb und außerhalb dieser Lager. Elisabeth Ngari, Koordinatorin von Women in Exile: “Obwohl Frauen als besonders schutzbedürftige Gruppe auch nach dem Landesaufnahmegesetz in Brandenburg das Recht haben, aus einer ungeeigneten Unterkunft auszuziehen, passiert das in der Realität nicht. Geflüchtete Frauen haben immer wieder dagegen protestiert. Und das setzen wir an diesem Frauenkampftag 2017 fort!”[6] [7]
Deshalb fordern wir euch auf, an unserer Demonstration am 8. März vor der zentralen Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt teilzunehmen, um die Flüchtlingsfrauen wissen zu lassen, dass sie als Flüchtlinge und als Frauen Menschenrechte haben, und dass sie ihre Stimme erheben sollen:
“Loud and Clear”!
Wir fordern:
Keine Lager für Frauen und Kinder! Alle Lager abschaffen!
Stopp den Abschiebungen!
Bleiberecht!
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