h6. Initiative fordert Abschaffung der Einkaufsgutscheine / Offener Brief
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h6. 28.08.2009 · OSTPRIGNITZ-RUPPIN (til) Der Kreistag soll die umstrittenen Einkaufs-Gutscheine für Asylbewerber abschaffen und den Betroffenen stattdessen Bargeld im gleichen Wert zur Verfügung stellen.
Das fordert eine Initiative um die Neuruppiner Integrationsbeauftragte Doris Rogmann, die am Freitag einen von zahlreichen Bürgern, Institutionen und Kirchengemeinden an Offenen Brief an die Kreistagsabgeordneten schickte.
Bislang erhalten Asylbewerber 198 Euro im Monat. In bar erhalten sie nur 40 Euro, den Rest in Form von Gutscheinen, die sie in vielen Geschäften einlösen können. Nach Ansicht von Doris Rogmann und ihren Mitstreitern ist diese Regelung aber nicht nur unsinnig bürokratisch, sondern stellt auch eine Diskriminierung der Betroffenen dar. „Sie werden dadurch stigmatisiert, sind beim Einkauf als Leistungsempfänger erkennbar und werden mitunter Zielscheibe vom Frust der Kunden, weil die Bezahlung mit den Gutscheinen zeitaufwändig ist“, so die Integrationsbeauftragte. Auch können die Gutscheine nur für bestimmte Produkte eingesetzt werden. „Genussmittel oder auch mal eine Bluse für die Freundin dürfen davon nicht gekauft werden. Das ist nicht zeitgemäß und menschenunwürdig.“
Zahlreiche andere Landkreise hätten die Gutschein-Regelung inzwischen abgeschafft. Die Fraktion der Linken hat inzwischen einen Beschlussantrag formuliert, der am 17. September im Kreistag debattiert werden soll.
Im folgenden dokumentieren wir den Offenen Brief an die Kreistagsabgeordneten:
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
sehr geehrter Herr Landrat,
wir fordern Sie auf, in der Kreistagssitzung am 17.9.09 für die Abschaffung der Gutscheinregelung für Asylbewerber in unserem Landkreis zu stimmen!
Stattdessen sollen alle Asylbewerberleistungsempfänger das Ihnen zustehende Geld in bar erhalten.
Dies wird in vielen anderen Landkreisen, auch in Brandenburg, so gehandhabt.
Begründung:
Unserem Landkreis wird jedes Jahr eine bestimmte Anzahl Flüchtlinge aus vielen verschiedenen Ländern zugeteilt.
Diese wohnen einige Zeit – z.T. Jahre – im Asylbewerberheim in Treskow. Sie unterliegen der Residenzpflicht, d.h. sie dürfen den Landkreis nicht verlassen.
Sie dürfen nicht arbeiten, eine Ausbildung machen oder einen Deutschkurs besuchen, ehe ihr Aufenthalt hier nicht anerkannt ist. Sie erhalten 158 Euro in Wertmarken und 40 Euro Taschengeld im Monat. Das entspricht kaum mehr als der Hälfte des Hartz-IV-Satzes.
Wenigstens diese Summe sollte ihnen aber als Bargeld zur Verfügung stehen.
Asylbewerber kommen in der Regel aus Ländern, in denen Krieg oder Bürgerkrieg herrscht. Durch Kriegserlebnisse und Flucht sind viele traumatisiert und verunsichert. Mit Wertmarken einkaufen zu gehen, stigmatisiert und diskriminiert die Betroffenen noch zusätzlich. Ihr Selbstwertgefühl wird weiter beschädigt, sie fühlen sich ausgegrenzt.
An den Kassen halten sie den Kundenfluss auf, weil die Kassiererin mehr Zeit braucht, um den Betrag mit den Wertmarken abzugleichen und den Ausweis zu kontrollieren. Hinter ihnen entstehen Schlangen, die ihre Ungeduld oft an ihnen auslassen.
Integration wird damit sicher nicht gefördert. Es besteht aus unserer Sicht keine Notwendigkeit, Asylbewerbern Wertmarken statt Bargeld auszuhändigen.
Sehr geehrte Abgeordnete, bitte bedenken Sie auch folgendes: Neuruppin und die anderen Städte in OPR sprechen sich klar gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit aus. In diesen Tagen unterzeichnen alle demokratischen Parteien einen Aufruf, in dem unsere Region als bunt, weltoffen und tolerant beschrieben wird. Mit Ihrer Entscheidung im Kreistag können Sie beweisen, dass es Ihnen ernst damit ist. Geben Sie ein positives Beispiel, zeigen Sie mit der ganzen Bevölkerung, dass Menschen aus anderen Ländern bei uns im Landkreis willkommen sind!
Lassen Sie uns gemeinsam Vielfalt, Toleranz und Integration wirklich leben!
ErstunterzeichnerInnen:
Beate Schädler (Soz.päd.)
Doris Rogmann (Integrationsbeauftragte der Fontanestadt)
Martin Osinski (Dipl.-Psych.)
Wolfgang Freese (Berufsschullehrer)
Achim Beyer
Dr. Peter Böthig (Tucholsky-Museum Rheinsberg)
ESTA e.V.
Grünkern Naturkost Neuruppin
Christoph von Dallwitz( Diplomlandwirt)
Jugendhaus Mittendrin
Karen Häßler
Eckardt Häßler (Cafe Hinterhof)
Thomas Domres (MdL)
Constanze Loeper-Gahl (Soz.päd.)
Claudia Becker ( Erzieherin)
Tabea Bergner (Studentin)
Joseph Bergner (Abiturient)
AWO-OPR (M.Sachs)
Regina Glimm (Sozialberaterin für Flüchtlinge in OPR, HVL, OHV und Prignitz)
Kerstin Upplegger
Hertha Rustemeyer
Gerd Klier (Fachanwalt Arbeits- und Sozialrecht)
Petra Torjus (Gleichstellungsbeauftragte der Fontanestadt)
Miroslavna Kurganova (Migrationsbeauftragte für erwachsene Zuwanderer, ESTA)
Gesamtgemeindekirchenrat Ruppin
Christian Motschann (Lehrer)
Katharina Motschmann
Dr. Kirsten Tackmann (MdB)
Adelheid Borrmann (Soz.päd.)
Louise Leuschner (Ingenieurin für Keramik)
Torsten Mekelburg (Physiotherapeut)
Heli Voss (Rentnerin)
EvaMigra Kyritz (Jugendmigrationsdienst)