*Bundesgerichtshof verbietet „Dublin-Haft“
Flüchtlingsrat Brandenburg begrüßt das Urteil und fordert ein Ende der Abschiebungshaft in Eisenhüttenstadt
Das Freiheitsrecht asylsuchender Flüchtlinge muss geachtet werden!*
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern in einem Grundsatzurteil klargestellt, dass die Abschiebungshaft in Dublin-Verfahren überwiegend rechtswidrig ist. Damit war der Großteil aller Abschiebungshäftlinge in Eisenhüttenstadt rechtswidrig in Haft. Bisher wurden Flüchtlinge, die auf dem Landweg nach Deutschland kamen, kurz darauf von der Bundespolizei aufgegriffen und inhaftiert, noch bevor sie einen Asylantrag stellen konnten. Die meisten Häftlinge in Eisenhüttenstadt waren daher schutzsuchende Menschen, die nicht verstanden, warum sie in Haft sind und was mit ihnen passieren wird. Im Jahr 2012 waren das in Brandenburg 83 Prozent aller Häftlinge, Tendenz steigend.
Der Gesetzgeber hat dem nun eine Absage erteilt: Die rechtliche Grundlage, schutzsuchende Flüchtlinge in Deutschland pauschal „wegen Fluchtgefahr“ zu inhaftieren, ist nicht gegeben. Dies anzunehmen, nur weil sie aus einem anderen europäischen Staat kommen, ist rechtswidrig, stellte das wegweisende Urteil fest. „Gerade diejenigen, die hier Schutz suchen, haben keinen Anlass dafür, sich ihrem Verfahren in Deutschland zu entziehen“, sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Nach dem Urteil befindet sich nur noch ein Häftling, der auf Betreiben der Ausländerbehörden inhaftiert wird, in der Haftanstalt in Eisenhüttenstadt. Es ist angesichts der Rechtslage zu erwarten, dass die Haftanstalt auch in Zukunft größtenteils leer bleiben wird.
Die Landesregierung muss nun endlich handeln und den Vollzug der Abschiebungshaft in Eisenhüttenstadt beenden. Der Flüchtlingsrat fordert dies schon lange, denn das Land hält in Eisenhüttenstadt eine überteuerte Vollzugseinrichtung vor, für die es in den allermeisten Fällen keine rechtliche Grundlage gab und die die Freiheitsrechte Schutzsuchender systematisch verletzt. Gleichzeitig fehlt angeblich das Geld für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen, sie sollen zeitweise sogar in Zelten und Containern unterkommen müssen. Sieht man auf die absurd teure, fast leere Abschiebungshaft in Eisenhüttenstadt wird klar – der laut beklagte Notstand ließe sich beheben.
„Haft ist kein Selbstzweck. Schutzsuchende Flüchtlinge müssen die Möglichkeit haben, ihre Asylanträge aus der Freiheit heraus zu stellen. Nach dem BGH-Urteil ist klar – Brandenburg muss die Abschiebungshaft in Eisenhüttenstadt endlich abschaffen!“ forderte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.
Pressekontakt: Ivana Domazet, 0176 314 83 547
Weitere Informationen:
Siehe dazu den Artikel von Beate Selders „Wie die Bundespolizei benutzt wird,
um Asylanträge zu verhindern und die Abschiebungshaftanstalten zu
füllen“ in: „Haft ohne Straftat – Fakten und Argumente gegen die Abschiebungshaft“ (Hg. Flüchtlingsrat Brandenburg, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein und Humanistische Union)
Der Beschluss des BGH hier.
Pressemitteilung des BGH zum Beschluss hier.