h6. Erstaufnahme und Abschiebehaft unter einem Dach. Keine Verfahrensberatung für neuankommende Asylsuchende in der Erstaufnahmeeinrichtung Eisenhüttenstadt – Flüchtlingsabwehr „unter einem Dach“ reibungslos organisiert – Erschwerter Zugang für RechtsanwältInnen in der Abschiebehaft
h6. Zugang zu Informationen versperrt
Der Flüchtlingsrat Brandenburg verurteilt, dass die Zentrale Ausländerbehörde und das Innenministerium Brandenburg Flüchtlingen den Zugang zu unabhängigen Informationen über das Asylverfahren verwehren.
Eine im Januar gegebene Zusage für die Anbringung einer Informationstafel in einem Schaukasten auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung wurde nach mehrmonatiger Prüfung des Informationsmaterials unerwarteterweise zurückgenommen. Ebenso wurde die Auslage und die Verteilung einer Informationsbroschüre verwehrt.
Die mehrsprachigen, einfach strukturierten Hinweise zum Asylverfahren wurden ohne Begründung abgelehnt; die von einem Rechtsanwalt geprüfte Broschüre als „tendenziös, mit rechtlich sehr bedenklichen Äusserungen“ von der Zentralen Ausländerbehörde Eisenhüttenstadt verworfen.
Offensichtlich besteht kein Interesse daran, dass Flüchtlinge über ihre ohnehin sehr eingeschränkten Rechte informiert werden.
Zudem befindet der Flüchtlingsrat es als äusserst bedenklich, dass seit einem Jahr eine Sicherheitsfirma (B.O.S.S.) die Sozialbetreuung der Flüchtlinge in der Erstaufnahme übernommen hat und damit angeblich eine „ausländer- und asylrechtliche Betreuung durch kompetente Mitarbeiter“ gewährleistet *.
h6. Grenznahe Lage der Erstaufnahme äusserst bedenklich
Eine Erstaufnahmeeinrichtung soll Flüchtlingen die Möglichkeit bieten, mittels einer Asylantragstellung Schutz vor Verfolgung zu finden. Die BGS-Kontrollen in der 30-km-Zone beeinträchtigen den freien Zugang zum Asylverfahren in erheblichem Masse. Von daher ist ein offener Weg in die Erstaufnahmeeinrichtung nicht gewährleistet!
h6. Flüchtlingsschutz oder Flüchtlingsabwehr?
Einzigartig in Deutschland liegen Erstaufnahmeeinrichtung und Abschiebehaft auf einem Gelände. Angekommen – aufgenommen – und schon wieder fast abgeschoben: Herr I.S. aus Sierra Leone wurde kurz nach seiner Ankunft, vollkommen auf sich gestellt, der deutschen Sprache nicht mächtig und ohne jegliche Asylverfahrensberatung, von der Erstaufnahmeeinrichtung direkt in die Abschiebehaft auf gleichem Gelände überführt.
Aus aktuellen Statistiken ist ersichtlich, dass von diesem Gelände aus auch kontinuierlich Rückschiebungen nach Polen stattfinden.
Diese in Eisenhüttenstadt reibungslos organisierte Flüchtlingsabwehr „unter einem Dach“ stellt den Auftrag, Flüchtlingen Schutz zu gewähren, in hohem Masse in Frage.
h6. Unabhängige Verfahrens- und Rechtsberatung dringend erforderlich
Zivilgesellschaftliches Engagement für die Rechte von Flüchtlingen ist – wie oben beschrieben – auf diesem Gelände offensichtlich unerwünscht.
Unabhängigen Menschenrechtsorganisationen ist es oftmals unmöglich, rechtzeitig intervenieren zu können. RechtsanwältInnen müssen erfahren, dass sie nur unter erschwerten Bedingungen Zugang zur Abschiebehaft bekommen.
Nach eingehenden Recherchen und persönlichen Gesprächen mit Flüchtlingen sind wir von der Notwendigkeit einer unabhängigen Verfahrens- und Rechtsberatung überzeugt.
* Schreiben der Zentralen Ausländerbehörde vom 21.6.2001 an den FR
Der Flüchtlingsrat Brandenburg lädt ein zur
bq. Pressekonferenz am 25. 07.2001, 11 Uhr
in den Räumen des FR, Eisenhartstr. 13, 14469 Potsdam
Eingeladen zu dem Gespräch sind betroffene Flüchtlinge, RechtsanwältInnen, Vertreter von einer antirassistischen Jugendinitiative in Eisenhüttenstadt und ein Landtagsabgeordneter.
Sollten Sie weitere Fragen zu der Thematik „Eisenhüttenstadt“ haben, wenden Sie sich bitte an Frau S. Tetzlaff: 0172 – 398 41 91