Bericht in der Lausitzer Rundschau
*In der heutigen Kreistagssitzung in Vetschau hielt die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten an ihrem Beschluss vom 15.3.2012 fest, die Kreisverwaltung zu beauftragen, Flüchtlingen Grundleistungen nach § 3 AsylbLG in Form von Geldleistungen zu gewähren.*
Landrat Siegurd Heinze hatte den Kreistagsbeschluss vom 15.3.2012 zur Auszahlung von Geld statt Gutscheinen beanstandet, weil seiner Meinung nach der Kreistag formal nicht berechtigt ist, einen solchen Beschluss zu fassen. “Das Bundesgesetz regelt eindeutig die Leistungen für Asylbewerber und ich halte mich an Recht und Gesetz und beanstande aus diesem Grund den Beschluss des Kreistages.“ hatte er im April seine Beanstandung erläutert. *In seiner Stellungnahme in der heutigen Sitzung blieb er allerdings den Kreistagsabgeordneten eine Begründung, warum seine Rechtsauffassung derart eklatant von der der Landesregierung abweicht, schuldig.* Stichhaltige Gründe, warum er als Alternative zu Sachleistungen Gutscheine ausgebe, konnte er keine nennen – das habe sein Vorgänger entschieden… In erster Linie geht es Herrn Heinze, das wurde in der Debatte sehr deutlich, um die „Unabhängigkeit der Verwaltung“. Der Kreistag dürfe auch nicht über Asylverfahren(sic!) oder über Bauanträge entscheiden. Er werde, das kündigte Herr Heinze bereits an den Beschluss erneut anfechten.
*Damit geht der Machtkampf zwischen Kreistag und Landrat zum Leidwesen der betroffenen Flüchtlinge in die nächste Runde.*
*Übrigens:* Über Asylverfahren kann und darf der Kreistag tatsächlich nicht entscheiden, der Landrat oder die Ausländerbehörde aber auch nicht. Darüber entscheidet das Bundesamt für Migration und Flucht.
*Wir dokumentieren hier in Auszügen die Rede des Vorsitzenden des Integrationsbeirat, Ahed Almaisary, und der Integrationsbeauftragten, Kathrin Tupaj, des des Landkreis Oberspreewald Lausitz:*
Sehr geehrte Abgeordnete, sehr geehrter Landrat Herr Heinze
mit einer sehr großen Verwunderung haben wir, die Mitglieder des Integrationsbeirates, die schreckliche Situation der Asylbewerber in Sedlitz aus der letzten Kreistagssitzung erfahren.
Es ist schlimm, wenn ein Kind sich schämt, mit der Mutter einkaufen zu gehen, weil sie mit Gutscheinen bezahlen muss. Es ist schlimm, wenn ein Kind dann in der Schule gehänselt wird, weil die Mutter mit Gutscheinen einkaufen muss.(…)
Die Asylbewerber und Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen werden durch diese Art der Sicherstellung des täglichen Bedarfs diskriminiert.
– Sie können nur in bestimmten Geschäften einkaufen
– und müssen bei der Abgabe der Gutscheine in den Geschäften immer ihren Ausweis vorlegen.
In der Bevölkerung gibt es wenig Verständnis, wenn die Personen an der Kasse mit Gutscheinen bezahlen. Sie müssen längere Wartezeiten in Kauf nehmen, da die Gutscheine immer erst mit dem jeweiligen Ausweis kontrolliert werden und vom Einkäufer mit einer Unterschrift signiert werden müssen. Diskriminierung und Konflikte sind hier vorprogrammiert. Die Betroffenen fühlen sich ausgestoßen.
(…)
In unserem Landkreis Oberspreewald-Lausitz in Brandenburg werden immer noch Gutscheine zum Einkauf von Waren des täglichen Lebens an Asylbewerber und Flüchtlinge ausgegeben, die mit einem befristeten Datum zur Einlösung versehen sind. Da nicht alle Geschäfte die Gutscheine annehmen, sind die Betroffenen gezwungen, nur in bestimmten Geschäften ihre Waren einzukaufen.
Durch das Asylbewerberleistungsgesetz wird den Betroffenen das tägliche Leben in unserem Landkreis sehr erschwert. Wie sollen die Betroffenen die Gesellschaft mit ihren Eigenarten akzeptieren, wenn sie selber durch solch eine Gesetzgebung ausgeschlossen werden. Im Land Brandenburg gibt es einen Runderlass, der nicht eindeutig die Bargeldgewährung regelt.
Ich würde Sie um Unterstützung bitten, damit eine Änderung des Runderlasses zum Asylbewerberleistungsgesetz erfolgt und damit auch Asylbewerber und Flüchtlinge ihr tägliches Leben (ohne im Voraus absehbare Diskriminierung) leben können. Einige Landkreise gewähren Gutscheine und andere Landkreise Bargeld, da die Anweisungen zur Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes nicht eindeutig sind. *Die Asylbewerber und Flüchtlinge im Landkreis Oberspreewald-Lausitz fühlen sich ungerecht behandelt.*
Bitte fassen Sie, als Abgeordnete und Landrat, einen Beschluss, der eine Geldleistung zulässt.
*Bevor ich zum Schluss komme frage ich Sie, was würden Sie im Notfall ohne Geld tun? Was würden Sie in einer Situation tun, wenn Sie Asylbewerber oder Flüchtlinge im Ausland sind?
Gehen Sie bitte in sich und versuchen Sie sich vorzustellen, wie das Leben in einer solchen Situation für Sie sein könnte.*