Zeitraum für abgesenkte Sozial- und Gesundheitsleistungen für Asylsuchende (AsylbLG) darf nicht verlängert werden!

In großer Sorge um die Gesundheit schutzsuchender Menschen in Deutschland rufen bundesweit 50 Organisationen – darunter der Flüchtlingsrat Brandenburg – Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Abgeordnete des Deutschen Bundestages dringend auf, sofort die geplante Novelle des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) zu stoppen.

Die Organisationen sprechen sich insbesondere gegen Pläne aus, den Zeitraum von 18 auf 36 Monate zu verlängern, in dem Asylsuchende nur Anspruch auf abgesenkte Sozial- und Gesundheitsleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten sollen.

Die Bundesregierung wurde bereits mehrfach von den Vereinten Nationen dafür gerügt, dass Deutschland Asylsuchenden das Recht auf Gesundheitsversorgung verwehrt. Sie nun noch länger zu benachteiligen, ist einmal mehr menschenrechtswidrig und ignoriert die jüngste ausdrückliche Aufforderung des UN-Komitees zur Konvention gegen Rassismus (ICERD) vom 8.12.2023, die Ungleichbehandlung im Zugang zu Sozial- und Gesundheitsleistungen zu beenden.

Auch das Bundesverfassungsgericht hat 2012 entschieden, dass die „Menschenwürde…migrationspolitisch nicht zu relativieren“ ist.

Davon, dass eine sozialrechtlichen Verelendungsstrategie Geflüchtete von ihrem Ziel abbringt, in Deutschland Schutz zu suchen, ist sogar der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages (2020 und 2023) nicht überzeugt.

Letztlich kommt eine Schlechterbehandlung bei der Gesundheitsversorgung ganzer Bevölkerungsgruppen die Gemeinschaft auch teuer zu stehen. Denn wenn Krankheiten – zumal ansteckende – chronifizieren oder zum Notfall werden, kosten sie das Gesundheitssystem mehr, als wenn man sie präventiv oder bei den ersten Symptomen behandelt.

 

Anstatt die Leistungen für Asylsuchende immer weiter zu kürzen, fordern die unterzeichnenden Organisationen deshalb:

  • Asylbewerberleistungsgesetz abschaffen!
  • Den Anspruch auf alle Gesundheitsleistungen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen für Geflüchtete gesetzlich verankern
  • Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für Geflüchtete in allen Bundesländern
  • Anspruch auf qualifizierte Sprachmittlung gesetzlich verankern
  • EU-Aufnahmerichtlinie für besonders schutzbedürftige Geflüchtete flächendeckend und systematisch umsetzen

 

Download: Offener Brief vom 04.01.2024

 

Unterzeichnende:

  1. François De Keersmaeker, Direktor, Ärzte der Welt e.V.
  2. Dr. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer, Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband
  3. Gerhard Trabert, 1. Vorstandsvorsitzender, Armut und Gesundheit in Deutschland e.V.
  4. Karl Kopp, Geschäftsführer, PRO ASYL e.V.
  5. Ulrike Schneck, Vorsitzende & Lukas Welz, Geschäftsführung, BAfF
  6. Nicolay Büttner, Politische Arbeit & Advocacy, Berliner Netzwerk f. besonders schutzbedürftige Geflüchtete
  7. Dr. Claudia Tamm, MediNetz Koblenz e.V.
  8. Birgit Naujoks, Geschäftsführerin, Flüchtlingsrat NRW e.V.
  9. Katrin Bahr, Geschäftsführende Vorständin, Condrobs e.V.
  10. Ute Hausmann, Vorstand, Refugio Stuttgart e.V.
  11. Sophia Wirsching, Geschäftsführerin, Bundesweiter Koordinierungskreis gegen Menschenhandel – KOK
  12. Medinetz Gießen e.V.
  13. Elisabeth Helm & Almut Leiß, Vorstand, Förderverein des Brandenburgischen Flüchtlingsrates e. V.
  14. Timmo Scherenberg, Geschäftsführer Hessischer Flüchtlingsrat
  15. Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
  16. Martin Link, Geschäftsführer, Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V.
  17. Dr. med. Angelika Leist und Kollegen, Medinetz Karlsruhe
  18. Nele Wilk, Sozialarbeiterin, Clearingstelle Krankenversicherung Rheinland-Pfalz
  19. Kai Weber, Geschäftsführer, Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V
  20. BfV Anonymer Behandlungsschein und Clearingstellen für Menschen ohne Krankenversicherung (BACK)
  21. Johanna Schwarz, Medinetz Mainz e.V.
  22. Medinetz Bielefeld
  23. Christiane Bachelier, Co-Vorsitzende des Vereins demokratischer Ärzt*innen
  24. Dr. Lars Pohlmeier (Vorsitzender) für den Vorstand der IPPNW e. V.
  25. Jonah Lunnebach, Vorstand, MediNetzBonn e.V.
  26. Andrea Günther, Sozialarbeiterin, MedMobil – Ambulante Hilfe e.V. Stuttgart
  27. Lucia Braß und Bärbel Mauch für den Vorstand, Flüchtlingsrat Baden-Württemberg e. V.
  28. Medinetz Freiburg
  29. FRABS (Freiburger Anonymisierter Behandlungsschein) e.V.
  30. MediNetz Hannover e.V.
  31. Walter Schlecht, Kampagne für die Abschaffung des AsylbLG
  32. Elisa Cazzato, Vorstand Medinetz Marburg e.V.
  33. Community for all, Darmstadt
  34. Gesundheitskollektiv Berlin e.V
  35. Michaela Rosenbaum, Geschäftsführerin AWO Kreisverband Mülheim e. V.
  36. Dr. Maria Decker, Vorsitzende SOLWODI Deutschland e.V.
  37. Regina Begander, Bernadette Tusch, Institut für angewandte Kulturforschung, ifak. e.V. Göttingen
  38. Flüchtlingsrat Berlin e.V.
  39. Noah Peitzmann, Projektkoordinator, Anonymer Krankenschein Bonn e.V.
  40. Kölner Flüchtlingsrat e.V.
  41. Bayerischer Flüchtlingsrat
  42. Flüchtlingsrat RLP e.V.
  43. Saarländischer Flüchtlingsrat e.V.
  44. Torsten Jäger, Geschäftsführer, Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz.
  45. Flüchtlingshilfe Langenfeld e.V.
  46. Dr. med. Roland Fressle, erster Vorsitzender der Refudocs Freiburg e.V.
  47. Medibüro Berlin
  48. Dr. med. Gerhard Bonnekamp, MediNetz Essen
  49. Nanne Wienands, 2. Vorsitzende, Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Hof e. V.
  50. Dr. Udo Puteanus, Vorstandsmitglied, Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten e.V.