Newsletter
Flüchtlingsrat Brandenburg
Mai 2021
Fachinformationen
Flüchtlingspolitische Nachrichten
Publikationen und Veranstaltungshinweise
Liebe Freund*innen, liebe Interessierte!
Viele Menschen, die mit einer Aufenthaltsgestattung oder einer Duldung in Deutschland leben, wollen arbeiten oder eine Ausbildung absolvieren. Bürokratische Hürden und ein Labyrinth rechtlicher Regelungen gestalten den Weg zu einer Arbeits- oder Ausbildungsstelle aber oft unübersichtlich und mühsam. Zur besseren Orientierung und Unterstützung haben wir daher Anfang des Jahres unseren Ratgeber für Geflüchtete in Brandenburg zum Zugang zu Arbeit und Ausbildung auf den neusten rechtlichen Stand gebracht. Die kleine Broschüre liegt mittlerweile in deutscher, englischer und französischer Sprache vor.
Am Mittwoch, den 26. Mai findet unsere nächste Offene Sitzung statt. Wir möchten dabei gemeinsam auf die landesfinanzierten Angebote zur Unterstützung geflüchteter Menschen in Brandenburg schauen. Denn: Die bisherige Finanzierung ist für die kommenden Haushaltsjahre noch nicht gesichert. Konkret könnten Kürzungen oder sogar eine Streichung bei der Migrationssozialarbeit II und der Integrationspauschale drohen. Wir freuen uns, die Landesintegrationsbeauftragte Frau Dr. Lemmermeier sowie Frau Kaygusuz-Schurmann, Fachbereichsleiterin Bildung und Integration der Stadt Cottbus, mit einleitenden Worten zu unserer Offenen Sitzung begrüßen zu dürfen.
Außerdem laden wir Interessierte für Montag, den 14. Juni zu einem Strategie- und Vernetzungstreffen ein, an dem über konkrete Möglichkeiten einer Verbesserung der Wohnsituation von Geflüchteten in Brandenburg diskutiert werden soll.
Weitere aktuelle Hinweise, Infos und Nachrichten finden Sie / findet Ihr in unserem Mai- Newsletter – wir wünschen informative Lektüre!
Fachinformationen
Land Brandenburg: Neue Weisung zur Erteilung von Duldungen nach § 60a und § 60b Aufenthaltsgesetz, März 2021 (Allgemeine Weisung AW-AuslR Nr. 2021.01)
OVG Lüneburg: Keine Abschiebungen von Schutzberechtigten nach Griechenland
Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat im April in zwei Urteilen entschieden, dass in Griechenland anerkannte Flüchtlinge derzeit nicht dorthin abgeschoben werden dürfen. Grundlage waren die Asylverfahren zweier alleinstehender syrischer Schwestern. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darf demnach in Deutschland gestellte Asylanträge von Personen, denen in Griechenland bereits internationaler Schutz zuerkannt worden ist, derzeit nicht als unzulässig ablehnen. Bei einer als unzulässig bezeichneten Ablehnung wird das Schutzbegehren inhaltlich gar nicht erst geprüft. Im Urteil des OVG wird jedoch die generelle ernsthafte Gefahr konstatiert, dass diese Personen im Falle ihrer Rückkehr nach Griechenland ihre elementarsten Bedürfnisse für einen längeren Zeitraum nicht werden befriedigen können (Gerichtsurteil sowie Hintergründe und Praxishinweise des Flüchtlingsrat Niedersachsen).
VG München: ‚Seehofer-Deal mit Griechenland‘ rechtswidrig
Das Verwaltungsgericht München hat Anfang Mai in einem Eilverfahren per Kammerbeschluss entschieden, dass der sogenannte Seehofer-Deal mit Griechenland von 2018 gegen Europarecht verstößt und die Dublin-Verordnung umgeht. Der Antragsteller war im August 2018 an der Grenze festgenommen und nach Griechenland abgeschoben worden. Er muss nun umgehend nach Deutschland zurückgeholt werden (Gerichtsbeschluss und Pressemitteilung von Pro Asyl).
DijuF-Rechtsgutachten: Homeschooling – Finanzierung digitaler Endgeräte für Schüler*innen in stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen
Trotz Homeschooling haben viele Kinder und Jugendliche keinen Zugang zu Laptops. Für Schülerinnen und Schüler in stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen stellt das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DijuF) e.V. in einem Rechtsgutachten klar: Die Kosten für die Anschaffung eines Laptops für Schüler*innen in jugendhilferechtlicher Zuständigkeit können und sollen über § 39 SGB VIII finanziert werden (Kurzmeldung und Gutachten).
BAfF-Positionspapier: Besserer Schutz vor Abschiebung für Schwerkranke gefordert
Schwere Erkrankungen von Geflüchteten werden nicht ausreichend im Asyl- und Aufenthaltsverfahren berücksichtigt, da die Anforderungen an Atteste durch die Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre kaum noch erfüllbar sind. So lautet die Kernkritik eines Positionspapiers, das die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF) im April veröffentlicht hat (BAfF-Positionspapier „Lebensgefahr durch Abschiebungen: Schwerkranke Geflüchtete müssen besser geschützt werden“).
Flüchtlingspolitische Nachrichten
Bleiberecht statt Kettenduldung und Abschiebung:
Memorandum an den Brandenburger Landtag und die Potsdamer Stadtregierung
Geflüchtete, die sich in der Initiative Refugees Emancipation engagieren, übergaben am 29. April ein Memorandum, das an den Brandenburger Landtag und die Potsdamer Stadtregierung gerichtet war. Verfasst wurde das Memorandum von aus der Seenot geretteten Geflüchtete, die über das Relocation-Programm von Italien nach Deutschland gekommen waren. Sie prangern an, dass nahezu alle der 132 Asylanträge der aus Seenot Geretteten durch das BAMF abgelehnt wurden und fragen, welche Strategie hinter dem Akt steckt, erst Menschen aufzunehmen, um sie dann wieder abzuschieben. Sie fordern alle bestehenden Bleiberechtsregelungen zu nutzen, um Bleibeperspektiven zu schaffen.
Aufruf zur grenzenlosen Solidarität gegen rassistische Gewalt
„Erfurt darf nicht länger Angstraum für Betroffene rassistischer Gewalt und Spielwiese brutaler Nazischläger bleiben!“ 96 Organisationen, Initiativen und Vereine – darunter der Flüchtlingsrat Brandenburg – rufen Anfang Mai zu Solidarität und Zivilcourage im Umgang mit rassistischer Gewalt und Alltagsrassismus auf. Der Zusammenschluss griff dabei ausdrücklich auf den erstmals im Februar des vergangenen Jahres veröffentlichte Aufruf für ein solidarisches Thüringen zurück. Konkreter Anlass der erneuten Veröffentlichung des Aufrufs ein gutes Jahr darauf war ein rassistischer Angriff in der Erfurter Straßenbahn am 23. April, bei dem ein junger Mensch erst massiv rassistisch beleidigt und darauf brutal getreten wurde. Nachgelesen werden kann der Aufruf in sechs verschiedenen Sprachen auf der Webseite ‚Solidarisches Thüringen‘.
GleichBeHandeln – Gesundheit ist ein Menschenrecht:
Kampagne zur Einschränkung der Vermittlungspflicht im Gesundheitswesen
Ohne Angst zum Arzt zu gehen, ist für Menschen in Deutschland ohne geregelten Aufenthaltsstatus nicht möglich: Nach § 87 Aufenthaltsgesetz ist das Sozialamt bei einer Kostenübernahme der Behandlung verpflichtet, die Daten an die Ausländerbehörde zu übermitteln, wodurch den Betroffenen die Abschiebung drohen würde. Damit ist Gesundheit ist ein Menschenrecht, dass etlichen Menschen hierzulande verwehrt bleibt. Ein Bündnis von über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen hat daher Anfang Mai eine Kampagne mit der Petition „GleichBeHandeln“ zum Mitunterzeichnen gestartet. Die Kernforderung der Kampagne lautet: Schnellstmögliche Änderung des § 87 Aufenthaltsgesetz bzw. keine Übermittlungspflicht bei Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus im Gesundheitswesen – #87behandeln!
Gebührenordnung in Bayrischen Gemeinschaftsunterkünften ist rechtswidrig
Mitte April hat das Bayerische Verwaltungsgericht die bayerische Asyldurchführungsverordnung aufgrund unzulässig festgesetzter Gebührensätze für die Unterbringung in den staatlichen und kommunalen Asylunterkünften für rechtswidrig befunden. Der Flüchtlingsrat Bayern empfiehlt betroffenen Geflüchteten, entsprechende Zahlungen umgehend zu stoppen und Anträge auf Aufhebung und Rückzahlung der bereits bezahlten Gebühren zu stellen. Nach einem ähnlichen Beschluss in 2018 ist dies bereits der zweite Verfassungsgerichtsentscheid, der die Gebührenordnung des Freistaates kassiert. Zudem steht von verschiedenen Seiten der Vorwurf völlig überzogener Mietkosten im Raum. Horrende Unterbringungsgebühren für Asylbewerber*innen mit eigenem Einkommen und Geflüchtete mit Schutzstatus ist auch in Brandenburg ein virulentes Thema, doch Verbesserungen der Situation lassen hier leider auf sich warten: So laufen die Normenkontrollklagen, die gegen die Gebühren in Gemeinschaftsunterkünften in Oberhavel erhoben wurden, nach etwa zwei Jahren Bearbeitungszeit noch immer.
Europäischer Kinderschutz in der Kritik:
18.000 jugendliche Geflüchtete aus staatlicher Obhut verschwunden
Mehr als 18.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche sind von 2018 bis 2020 in Europa aus staatlichen Aufnahmezentren verschwunden und gelten als vermisst. Das zeigt eine internationale Datenanalyse des Rechercheverbunds Lost in Europe, an dem neben dem britischen Guardian, dem niederländischen Rundfunk VPRO etwa auch der berlin-brandenburgische Rundfunk rbb beteiligt ist. In der investigativen Recherche wird unter anderem auch von verschwundenen unbegleiteten Minderjährigen aus Brandenburger Jugenhilfeeinrichtungen berichtet.
Publikationen
Ausbildung und Arbeit für Geflüchtete. Was ist zu tun? / Training and Employment for Refugees. What’s good to know / Emploi et formation pour les personnes réfugiées. Ce qu´il faut savoir! Der 16-seitige Ratgeber bietet eine erste Orientierung für Geflüchtete in Brandenburg auf ihrem Weg zu einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle. Er wurde Anfang Jahr auf den aktuellen rechtlichen Stand gebracht und liegt in deutscher, englischer sowie französischer Sprache vor. Herausgeber*in: Flüchtlingsrat Brandenburg, aktualisierte Auflage Januar 2021.
Geflüchtete: Arbeitsmarktzugang und -förderung. Ein Leitfaden für Mitarbeitende von Arbeitsagentur und Jobcenter. Der Leitfaden für Mitarbeitende von Arbeitsagentur und Jobcenter wurde anlässlich der gesetzlichen Änderungen durch das Migrationspaket grundlegend überarbeitet. Herausgeber*in: bridge – Berliner Netzwerk für Bleiberecht, aktualisierte Auflage Mai 2021.
Hinter den Kulissen des Erfolgs. Eine neue Studie zu Ausbildung und Arbeit von Geflüchteten. Die Publikation beleuchtet auf der Basis umfangreicher Untersuchungen die Kehrseite der einseitigen Erfolgsmeldungen über die ‚Integration von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt‘: Die in vielen Fällen hochgradig belastenden Arbeitsbedingungen, niedrigen Lohnangeboten und unsicheren Beschäftigungsverhältnisse, denen Geflüchtete dabei ausgesetzt sind. Herausgeber*in: Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V., April 2021.
So Nicht Bestellt – der kritische Podcast zum Thema Abschiebung. Der frisch gestartete Podcast wirft einen kritischen und vielschichtigen Blick auf Abschiebungen als „Vorgang, der die Frage nach dem ‚Gehen oder Bleiben?‘ brutal beantwortet“. Von Bon Courage e.V., gestartet im April 2021.
Veranstaltungshinweise
Mi., 19.05.2021 (17.30-19h) | online
Jugendhilfe für geflüchtete Minderjährige und Familien in Aufnahmeeinrichtungen, Online-Fachforum mit Fachvortrag, Kommentierung und Diskussion. Veranstalter*innen: Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH), Bundesfachverband unbegleitete minderjähre Flüchtlinge (BumF), terre des hommes Deutschland.
Mi., 19.05.2021 (19-21h) | online
Bewegungsarbeit in Zeiten des Lockdowns. Online-Podium zu bewegungsübergreifenden Perspektiven und konkreten Kämpfe in Zeiten von Corona. Veranstalter*innen: Konzeptwerk Neue Ökonomie in Zusammenarbeit mit #unteilbar Solidarischer Osten.
Fr., 20.05.2021 (10.30-14.30h) | online
Zukunft für Geflüchtete in ländlichen Regionen Deutschlands. Abschlusspräsentation und -Workshop zum gleichnamigen Projekt. Veranstalter*in: Johann Heinrich von Thünen-Institut.
Do., 25.05., Mi., 02.06., Mo., 14.06. & Fr., 18.06.2021 (jew. 19h) | online
Kirchenasyl und das globale Migrationsregime. Vierteilige internationale Veranstaltungsreihe in englischer Sprache mit Simultanübersetzung ins Deutsche. (25.05. Räume schaffen I: Überleben und Sicherheit auf der Flucht | 02.06. Räume schaffen II: Sicherheit und Empowerment während des Asylverfahrens | 14.06. Räume schaffen III: Gegen Abschiebung und zum Aufbau transformativer Allianzen | 18.06. Gemeinsame Diskussion: Reflexion und aktiv werden.) Veranstalter*innen: Internationale Sanctuary Kampagne, Ökumenische BAG Asyl in der Kirche, Fellowship of Reconciliation USA.
Mi., 26.05.2021 (17-19h) | online
Migrationssozialarbeit II und Integrationspauschale: Ziele, Wirkung und Folgen einer möglichen Streichung. Offene Sitzung des Flüchtlingsrat Brandenburg.
Sa., 05.06.2021 (ganztägig) | online
Bundesweiter Aktionstag gegen Abschiebungen nach Afghanistan. Aktionstag mit zahlreichen dezentralen Aktionen im ganzen Bundesgebiet.
Mi., 09.06.2021 (17-20h) | online
Cool(er) bleiben! Onlineseminar zum Thema Behördenbegleitung. Veranstalter*in: Flüchtlingsrat Thüringen.
Mi., 09.06.2021 (9.30-17h) | online
Inklusion: eine Frage des Aufenthaltstitels? Geflüchtete Menschen mit Behinderung zwischen Asyl- und Teilhaberecht. Ganztägige fachpolitische Online-Tagung. Veranstalter*in: Handicap International (HI).
Mo., 14.06.2021 (14-18h) | online
Für eine verbesserte Wohnsituation von Geflüchteten in Brandenburg. Strategie- und Vernetzungstreffen. Veranstalter*innen: Kooperation für Flüchtlinge in Brandenburg (KFB) und Strategiegruppe Wohnen (Bündnis von Vertreter*innen von Verbänden, Vereinen, Beratungsstellen, Initiativen, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Kommunalpolitik).
AUSBLICK:
Mi., 21.07. – Mi., 04.08.2021 | Hamburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern
Frauen* unterwegs gegen das Lagersystem und Rassismus. Bus-Sommertour von Women in Exile & Friends nach Hamburg, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern zur empowernden Vernetzung mit geflüchteten Frauen in Lagern.
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