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Flüchtlingsrat Brandenburg
April 2020

Fachinformationen
Flüchtlingspolitische Nachrichten
Arbeitshilfen und Publikationshinweise

 

 

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte.

In den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln wurden bislang noch keine Corona-Infektionen gemeldet, doch die Angst wächst, dass Covid-19 die Lager erreicht. Nach langem Gezerre werden nun 55 Kinder aus den überfüllten Elendslagern nach Deutschland kommen können. Pro Asyl und die Landesflüchtlingsräte kritisieren diese Zahl als lächerlich gering. „Die Aktion droht zu einem Feigenblatt zu verkommen für die Nicht-Aufnahme Tausender Geflüchteter, die in den Insellagern in Griechenland sich selbst überlassen sind“. Das BMI, die Bundesländer und die EU müssen schnell und pragmatisch handeln.

Kommunale Gemeinschaftsunterkünfte, Erstaufnahme-Einrichtungen und „Anker-Zentren“ sind für einen wirksamen Infektionsschhutz völlig ungeeignet. Anfang April haben wir mit anderen Flüchtlingsorganisationen die Landesregierung zu sofortigen Maßnahmen und der Bereitstellung alternativer Unterbringungsmöglichkeiten aufgefordert, um die Geflüchteten während der Corona-Pandemie zu schützen.

Nun gibt es in der großen Erstaufnahmeeinrichtung in Doberlug-Kirchhain erste bestätigte Coronafälle, in Potsdam stehen nach mehreren Infektionen alle 116 Bewohner*innen einer Gemeinschaftsunterkunft unter Quarantäne und auch Oberhavel meldet eine positiv getestete Person in einer Gemeinschaftsunterkunft, sowie mehr als 200 Bewohner*innen in Quarantäne. Sammelunterkünfte gehören sofort aufgelöst – Umverteilung jetzt, bevor es zu spät ist! Die aktuelle Pressemitteilung des Flüchtlingsrats und zahlreicher Initiativen und Organisationen.

Die Informationssammlung zur Corona-Situation in Brandenburg auf unserer Website wird regelmäßig aktualisiert. Hinweise auf fehlende Informationen gern an info@fluechtlingsrat-brandenburg.de schreiben. Infos dazu gibt es auch auf Facebook . Ein kleiner Überblick über die Medienberichterstattung im Zusammenhang Sammelunterkünfte und Corona-Pandemie ist hier zu hier zu finden.

Kommt/ kommen sie alle gut durch diese turbulenten Zeiten!

 

Fachinformationen

Beschluss des Landessozialgericht Niedersachsen (LSG) zur Gewährung von Prozesskostenhilfe. Leitsatz: Kürzungsgrund der Einreise um Leistungen zu erhalten, ist schwer nachweisbar und Frage nach Verfassungsmäßigkeit der Leistungskürzungen und Relativierung des menschenwürdigen Existenzminimums. Zudem dürfte vor dem Hintergrund der Entscheidung des BverfG vom 5.11.2019 erneut die Frage der Vereinbarkeit der Kürzungen nach § 1a mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums aufgeworfen werden, so das LSG.

Erntehelfer*innen: Globalzustimmung der Bundesagentur für Arbeit zu Saisonarbeit in der Landwirtschaft auch für Geduldete und Menschen mit Aufenthaltsgestattung.

Das BAMF hat bekanntgegeben, dass sämtliche Dublin-Überstellungen bis auf weiteres ausgesetzt sind. Die Überstellungsfristen sollen dabei aber gem. § 80 Abs. 4 VwGO lediglich unterbrochen werden, d.h. die Fristen laufen nicht ab und die Zuständigkeit für das Asylverfahren geht nicht auf Deutschland über. Pro Asyl und Equal Rights Beyond Borders haben eine ausführliche juristische Analyse und Beratungshinweise zur Aussetzung der Überstellungsfrist zusammengestellt (Stand: 08. April 2020).

 

Flüchtlingspolitische Meldungen

Unsafe Harbours – Wegen Corona haben Malta und Italien Rettungsaktionen eingestellt
Das erklärte Ertrinkenlassen durch Küstenwachen in Italien und Malta und die Angriffe auf Flüchtlingsboote durch die maltesische Küstenwache (dokumentiert vom Alarm Phone) ist absolut unerträglich. Derweil warten die Rettungsschiffe „Alan Kurdi“ mit 149 Migrant*innen an Bord und „Aita Mari“ mit etwa drei Dutzend Migrant*innen immer noch auf die Ausschiffung in einem sicheren Hafen.

Politische Einkaufsschlange
#LeaveNoOneBehind — 700m lang war die politische Einkaufsschlange vor einer Bäckerei in Potsdam am Ostersonntag. Die 200 Wartenden hatten Schilder oder Transparente dabei, um auf die Situation an den Europäischen Außengrenzen und in den Lagern auf den griechischen Inseln aufmerksam zu machen. Dabei entstand dieses Video.

Wir lassen niemanden zurück – auch nicht an den EU-Außengrenzen!
Unter den Bedingungen des Corona-Ausnahmezustandes ist die öffentliche Kampagne #LeaveNoOneBehind in Gang gekommen, um das zugespitzte Unrecht an den Außengrenzen und insbesondere in den Lagern auf den griechischen Inseln zu thematisieren und zu skandalisieren. SEEBRÜCKE ruft unter #LeaveNoOneBehind ebenfalls zu Aktionen auf und hat dafür eine Kampagnen-Seite erstellt.

Auf die dramatische Versorgungssituation von hunderttausenden Migrant*innen ohne Krankenversicherungsschutz in der Corona-Krise haben 35 bundesweite Medibüros und Medinetze in einem Offenen Brief aufmerksam gemacht.

Handicap International fordert die Ministerpräsident*innen der Bundesländer auf, Menschen mit Behinderung und chronischen Krankheiten vorbeugend in dezentrale Unterkünfte zu verlegen.

Aktion Supermarkt-Shuttle „Busverbindung jetzt!“
Bewohner*innen der Erstaufnahme-Einrichtung in Doberlug-Kirchhain wurden am 9. April durch einen Supermarkt-Shuttle mit privaten PKWs unterstützt. Grund der Aktion war die Einstellung der einzigen Busverbindung von der Erstaufnahme in die fünf Kilometer entfernte Stadt. Pressemitteilung zur Aktion von We’ll Come United Berlin/Brandenburg vom 9. April 2020 hier

Zahl der Abschiebungen 2019 leicht zurückgegangen
Im vergangenen Jahr hat es fast 22.100 Abschiebungen aus Deutschland gegeben. Rund 8.400 von ihnen wurden im Rahmen der Dublin-III-Verordnung in andere europäische Länder überstellt. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Abschiebungen um 6,4 Prozent zurückgegangen.19.238 Abschiebungen erfolgten auf dem Luftweg , 2.743 Abschiebungen auf dem Landweg und 116 Abschiebungen auf dem Seeweg. Die meisten Abschiebungen (nach Staatsangehörigkeit der Betroffenen) erfolgten nach Albanien (1.604), gefolgt von Nigeria (1.432) und Georgien (1.242). Für Brandenburg weist die Statistik danach 326 Abschiebungen für das Jahr 2019 aus. Kleine Anfrage der Linken (19/17096), Antwort Regierung (19/18201)

 

Arbeitshilfen und Publikationshinweise

Die Sozialwissenschaftlerin Friederike Stahlmann zu Risiken der Verbreitung von SARS-CoV-2 und schweren Erkrankung an Covid-19 in Afghanistan (Stand: 27.03.20).

In ihrem neuen Bericht zu Deutschland fordert die „Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz“ (ECRI) menschenrechtliche Bildung stärker im Schulunterricht zu verankern und ein bundesweites Netzwerk von Beratungsstellen für Betroffene von Diskriminierung einzurichten. Auch gegen Rechtsextremismus und Hassrede in Online-Communities müsse entschiedener vorgegangen werden.

Merkblatt des DRK-Suchdienstes „Neugeborene Kinder syrischer Staatsangehörigkeit in der Türkei – Einbindung in das Verfahren der Familienzusammenführung“ (Stand 09.04.20)

Orientierungshilfe 2 des DRK (Stand 01.04.20) https://www.fluechtlingsrat-brandenburg.de/wp-Familienzusammenführung in den Zeiten des Coronavirus“. Es geht um die für die Umsetzung dieses Rechts zuständigen deutschen Auslandsvertretungen.

Unterstützungsarbeit mit Geflüchteten in Zeiten der Corona Pandemie 2020. Hrsg. Paritätische Gesamtverband.

International Women Space veröffentlicht auf seiner Website die IWS/BIG – Corona Berichte aus Brandenburger Lagern.

Newsticker von Pro Asyl zum Coronavirus mit Informationen für Geflüchtete und Unterstützer*innen. www.proasyl.de/hintergrund/newsticker-coronavirus-informationen-fuer-gefluechtete-unterstuetzerinnen/

Der MEDIENDIENST hat in einer neuen Rubrik wichtige Informationen zum Themenkomplex Corona-Pandemie und Migration zusammengestellt. https://mediendienst-integration.de/migration/corona-pandemie.html/

 

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