Newsletter
Flüchtlingsrat Brandenburg
August 2020

Fachinformationen
Flüchtlingspolitische Nachrichten
Arbeitshilfen und Publikationshinweise/ Sonstiges

 

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte!

Im Newsletter Juli 2020 hatten wir aus einem Medienbericht über eine antirassistische Demonstration die Bezeichnung „farbige Menschen“ übernommen. Es handelt sich dabei um eine kolonialen Fremdbezeichnung, die von vielen von Rassismus betroffenen Menschen abgelehnt wird. Wir bedauern es sehr, dass wir dadurch womöglich latente oder offen vorhandene Ressentiments und rassistische Strukturen verstärkt oder legitimiert haben und bitten dafür um Entschuldigung.

In Informationen für Journalist_innen für diskriminierungsfreie Sprache, herausgegeben von „der braune mob e.V.“ , heißt es eindeutig: „(E)s gibt keine ‚Farbigen‘. Zum einen aufgrund der stark kolonialen Konnotationen, zum anderen auch weil ‚farbig‘ impliziert, dass weiß die Norm sei, kann und muss seriöse Berichterstattung auf diese Vokabel als Beschreibung verzichten. Darüber hinaus führt das Wort zu keiner schlüssigen Beschreibung, außer dass es sich nicht um eine weiße Person handelt, da diese von dieser Zuschreibung ausgeschlossen sind.“ Und weiter: „Das Selbstbenennungsrecht gebietet, dass abwertende oder diskriminierend konnotierte Zuschreibungen als Bezeichnungen für Menschen nicht gestattet sind. Es liegt in der Sache selbst, dass dies nicht erst von allen Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft erkannt werden muss, um Gültigkeit zu haben.“ Als Orientierungshilfe empfehlen möchten wir auch das Glossar der Neuen Deutschen Medienmacher*innen mit Formulierungshilfen, Erläuterungen und alternativen Begriffen für die Berichterstattung in der Einwanderungsgesellschaft. Danke auch für die Hinweise aus der Leser*innenschaft.

Fachinformationen

VG Cottbus: „Duldung light“ nicht zulässig, wenn neben selbstverschuldeten Abschiebungshindernissen noch andere Gründe für die Unmöglichkeit der Abschiebung vorliegen: 1. Die Erteilung einer „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“ gemäß § 60b AufenthG erfordert …
VG Cottbus, Beschluss vom 28.05.2020 – 9 L 134/20 – asyl.net: M28483

SG Berlin: Keine niedrigere Einstufung von Alleinstehenden in Sammelunterkünften während Pandemie: 1. Die Zuordnung alleinstehender Leistungsberechtigter in einer Gemeinschaftsunterkunft zur Regelbedarfsstufe 2 nach § 3a AufenthG ist …
SG Berlin, Beschluss vom 19.05.2020 – S 90 AY 57/20 ER – asyl.net: M28482

VG Oldenburg: In Italien anerkannten Flüchtlingen ist Rückkehr unzumutbar. Das VG gibt seine bisherige Rechtsprechung auf und stellt im ausführlich begründeten Urteil fest, dass ggw. „auch dem gesunden, nicht vulnerablen Kläger“ (30-jähriger Mann) im Falle einer Rückkehr nach Italien dort eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung droht. Ab S. 10 der Entscheidung findet sich alles zu der vom VG festgestellten, untragbaren Lebenssituation, auf die Flüchtlinge in Italien stoßen würden.
VG Oldenburg, Beschluss vom 06.07.2020 – 6 a 243/20

Flüchtlingspolitische Nachrichten

Rassistische Flyer in Rheinsberg verteilt
In den vergangenen Tagen sind in Rheinsberg Flyer mit der Aufschrift „Kehrt nach Hause zurück, eure Heimat braucht euch“ (auf Arabisch und auf Deutsch) in Briefkästen gefunden worden. MOZ, 14. August 2020. Unterschrieben war der Flyer mit „einprozent.de“, die Webseite von „Deutschlands selbsternanntem größten patriotischen Bürgernetzwerk“. Mehrere Medien zitierten im Zusammenhang mit dem Konflikt auch Rheinsbergs Bürgermeister, Frank Schwochow von den „Freien Wählern“, der die Integrationspolitik des Landkreises für gescheitert erklärt hatte. Tagesschau.de, 28. Juli 2020. Bei einer Kundgebung der NPD Rheinsberg formierten sich am 28. Juli 2020 etwa 150 Menschen zum Gegenprotest. Rbb24, 28. Juli 2020.

Entscheidung nicht nur für die Stadt, sondern auch gegen das Land
Ausführlicher Bericht zu Zu- und Wegzugsbewegung schutzsuchender Syrerinnen und Syrer in Brandenburg mit einem Statement von Jibran Khalil, Vorstandsmitglied des Fördervereins des Brandenburgischen Flüchtlingsrates, bei rbb24, 12. August 2020.

„Illegaler Aufenthalt“ – Strafverfahren wurde eingestellt
Am 11. August versammelten sich 30 Unterstützer*innen bei einer Kundgebung vor dem Bernauer Amtsgericht. Anlass war das Strafverfahren gegen einen Geflüchteten aus dem Sudan, dem vorgeworfen wurde sich kurz nach seiner Einreise illegal in Deutschland aufgehalten zu haben, weil er ein paar Tage brauchte, bis er sich bei den Behörden meldete um Asyl zu beantragen. Nach einem kurzen Rechtsgespräch zwischen Anwalt, Richterin und Staatsanwältin einigten sich alle Beteiligten auf eine Einstellung des Verfahrens. Kurzer Bericht mit Links zur Medienberichterstattung bei http://refugeeswelcomebarnim.blogsport.de/2020/08/15/illegaler-aufenthalt-strafverfahren-wurde-eingestellt/

„Task Force Abschiebung Straftäter“
Seit 1. August 2020 existiert in Brandenburg eine sog. Task Force Abschiebung. Sie soll dafür sorgen, dass Abschiebungen bei Menschen, die Straftaten begangen haben, gegen die mehrere Ermittlungsverfahren laufen, bzw. die als sog. „Störer“ oder „Integrationsverweigerer“ geführt werden, priorisiert werden. Die Ausländerbehörde soll dabei im laufenden Asylverfahren dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge melden können, dass Ermittlungsverfahren gegen Asylsuchende laufen. Der Flüchtlingsrat Brandenburg stuft das gesamte Vorhaben als höchst problematisch ein. Schließlich handelt es sich hierbei um eine „Zusammenlegung von Straf- und Asylrecht“, die zu einer „Doppel- oder einer unverhältnismäßigen Bestrafung“ führt, so Ivana Domazet von Flüchtlingsrat gegenüber Neues Deutschland, 1. August 2020.
Zum Thema auch rbb24, 31. Juli 2020.
Ende Juli startete die Gruppe „No Border Assembly Berlin“ – gemeinsam mit weiteren Organisationen – die Kampagne Lufthansa #Abschiebefrei. Sie richtet sich gegen die Beteiligung an Abschiebungen durch die Deutsche Lufthansa AG. Informationen zur Kampagne und u.a. einen Aktionskalender unter https://noborderassembly.blackblogs.org/de/

Proteste gegen drohende Ketten-Quarantäne in Sammelunterkunft in Stahnsdorf
A
m 29. Juli 2020 haben die Bewohner*innen auf dem Gelände der Sammelunterkunft demonstriert, um die Öffentlichkeit auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Der Flüchtlingsrat hat vor Ort mit Bewohner*innen gesprochen, die von eklatanten Missständen im Krisenmanagement des Landkreises berichteten. Pressemitteilung, 31. Juli 2020.

Ärzte ohne Grenzen muss Convid-19-Zentrum schießen
Wie Ärzte ohne Grenzen auf ihrer Website mitteilt, sieht sich die Hilfsorganisation gezwungen ihr Zentrum für Covid-19-Verdachtspatienten in der Nähe des Geflüchtetenlagers Moria zu schließen. Der Grund dafür sind Bußgelder, die die lokalen Behörden auf Lesbos wegen der Einrichtung gegen Ärzte ohne Grenzen verhängt haben, sowie eine drohende strafrechtliche Verfolgung auf Grund von Raumplanungsvorschriften.

Mittlerweile sind am 31. Juli die ersten 90 Menschen aus 22 Familien am Freitag aus Lagern in Griechenland am Flughafen Schönefeld angekommen. Mit der Aufnahme von insgesamt 44 hilfebedürftigen Personen aus überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln beteilige sich das Land Brandenburg an der Aufnahme von 243 Kindern und deren Familienangehörigen, die von der Innenministerkonferenz im Juni beschlossen worden ist.

Menschen ertrinken im Mittelmeer – Zivile Rettungsschiffe gezielt festgesetzt
Obwohl in den letzten Wochen mehr Menschen versuchten, in seeuntauglichen Booten aus Libyen zu fliehen, sind inzwischen bis auf die Sea-Watch 4 fast alle aktiven Seenotrettungsschiffe wegen angeblicher Sicherheitsmängel in Italien festgesetzt oder werden mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert. Mehr bei SOS Mediterranee, 4. August 2020.

Arbeitshilfen und Publikationshinweise/ Sonstiges

Handreichung zum Asylbewerberleistungsrecht. Die Publikation entstand im Rahmen des Projekts „Orientierung, Beratung und Akzeptanz für Asylbewerber*innen in Brandenburg“ der Kooperation für Flüchtlinge (KFB) und wurde aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds kofinanziert sowie vom Land Brandenburg und der UNO-Flüchtlingshilfe. Rechtsanwältin Anja Lederer hat die Handreichung verfasst und durch ihre detaillierte Arbeit und weitreichende Expertise die Umsetzung möglich gemacht. Hrsg.: Förderverein des Brandenburgischen Flüchtlingsrates e.V., Juni 2020.

Landesintegrationsbeirat Brandenburg: „Empfehlung zum Thema Wohnen“, erarbeitet von der AG Flucht und Asyl, Juni 2020.

Handreichung: Besonders schutzbedürftige Geflüchtete – Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Ein Projekt von EvA –Empowerment vulnerabler Personen im Asylverfahren, Queer Refugees Deutschland und der Rosa Strippe. Hrsg: Diakonie Düsseldorf.

Bericht: „Getrennte Familien am Ende ihrer Kräfte: Zwei Jahre Gnadenrecht beim Familiennachzug“. Seit zwei Jahren ist der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auf 1.000 Personen im Monat beschränkt. PRO ASYL wirft einen Blick zurück auf die Entwicklung der Regelung seit 2015 und zeigt an Einzelfällen, wie dramatisch sich die Regelungen für die betroffenen Familien auswirken.
PRO ASYL News, 31. Juli 2020.
Im Herbst 2019 ging Bernd Mesovic, rechtspolitischer Experte von PRO ASYL, in den Ruhestand. In einem Interview lässt er die gemeinsamen Jahre des Kampfes für Menschenrechte und gegen Rassismus Revue passieren.
PRO ASYL News. 27. Juli 2020.

Publikation: „Racial Profiling: Bund und Länder müssen polizeiliche Praxis überprüfen. Zum Verbot rassistischer Diskriminierung“. Hrsg.: Deutsches Institut für Menschenrechte, Juli 2020.

TERMIN: Erinnern heißt Verändern – Black Lives Matter – In Gedenken an die ermordeten Menschen in Hanau. Aufruf zur antirassistischen Demonstration und Kundgebung in Potsdam
am Samstag, 22. August 2020 um 14:00, Brandenburger Tor.
Facebook Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/4119230368147776
Veranstaltung auf Rotes Potsdam:https://redpdm.tk/event.php?ID=5166

TERMIN: 30. Potsdamer Interkulturelle Wochen vom 6. September bis 20. September 2020, https://www.potsdam.de/sites/default/files/documents/gesamtprogramm_ikw_stand_17.08.2020.pdf.

TERMIN: Web-Seminar „Umgang mit demokratiefeindlichen Herausforderungen – Rechtsextreme in der Kommunal- und Landespolitik“ am 23. Oktober 2020 von 10:00 bis 12:30. Referentin: Maica Vierkant, Aktionsbündnis Brandenburg, das Seminar ist für die Teilnehmenden kostenfrei. Organisiert wird das Web-Seminar von InSchwung für Demokratie und Beteiligung und Demokratie gewinnt! In Brandenburg! Anmeldungen bitte bis zum 18.September 2020 an gabi.jaschke@paritaet-brb.de. Die Anzahl der Plätze ist begrenzt.

STELLENAUSSCHREIBUNG: Beraterin* in der KuB-Frauen*beratung (Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen e.V. ) in Berlin. Die Stelle hat einen Umfang von 25 Stunden pro Woche. Geplanter Beginn ist der 1. Oktober 2020, Bewerbungsschluss ist der 30. August 2020.

In eigener Sache

Die Geschäftsstelle des Flüchtlingsrats bietet in der Zeit vom 17. bis 28. August keine telefonische Sprechstunde an. Die nächste offene Sitzung findet Ende September statt. Die Einladung mit der Tagesordnung verschicken wir rechtzeitig per E-Mail.

 

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