Pressemitteilung, 10.12.2019

Es ist kalt, die zuständigen Behörden sind informiert, trotzdem leben zwei Jugendliche in Hennigsdorf weiterhin auf der Straße, eine kurzfristige Lösung scheint nicht in Sicht. Zuvor waren die beiden 18- und 19-Jährigen als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in einer Jugendhilfeeinrichtung in Hennigsdorf untergebracht. Von da aus wurden sie in die Obdachlosigkeit entlassen. Der Antrag auf Wiederaufnahme in einer Einrichtung der Jugendhilfe, die junge Volljährige bis zum 21. Lebensjahr unterstützen soll, liegt dem Jugendamt seit über zwei Monaten vor und blieb bis heute unbeantwortet.

Dafür hat Ulrike Schwarz vom Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (BumF e.V.) kein Verständnis: „Wir fordern, dass die jungen Volljährigen wieder in die Jugendhilfestrukturen aufgenommen werden. Es kann nicht sein, dass jungen Menschen Hilfe für junge Volljährige verwehrt wird, wenn objektiv eine Gefährdung ihrer persönlichen Entwicklung besteht. Nicht umsonst ist Jugendhilfe bei jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs gegenüber der Gewähr von Sozialleistungen vorrangig“.

Wintereinbruch und tägliches Vorsprechen beim Jobcenter

Der Alltag der Jugendlichen ist seit ihrem Auszug aus der Jugendhilfeeinrichtung beschwerlich und von der täglichen Suche nach einem Schlafplatz bestimmt. Angesichts der zunehmenden Kälte ist dies schlicht eine notwendige Überlebensbedingung. Die Weiterentwicklung schulischer und beruflicher Perspektiven ist angesichts solcher Verhältnisse unmöglich. Das Jobcenter bezahlt die ihnen zustehenden Leistungen nur als Tagessätze in Höhe von 14,13 Euro aus. Das tägliche Ticket für die Fahrt zum Jobcenter nach Oranienburg beträgt 5,40 Euro, sodass ihnen für den Tag lediglich 8,70 Euro bleiben. Beide bemühen sich um Arbeit und eine Wohnung, bisher ohne Erfolg.

Es handelt sich hier um unterlassene Hilfeleistung. Die beiden Jugendlichen kommen aus Afghanistan, einem Land, das sich seit über 40 Jahren im Krieg befindet. Sie sind im Krieg geboren und hier als unbegleitete Minderjährige angekommen, auf sich selbst gestellt, ohne den Schutz eines Familienverbundes. Hennigsdorf ist ihr neues Zuhause geworden, weil hier Freunde leben, die sie unterstützen können“, so Jibran Khalil von der Organisation Jugendliche ohne Grenzen.

Recht auf Wohnen ist Menschenrecht

Das Menschenrecht auf angemessenes Wohnen ist in Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankert1. Darin heißt es: „Jeder Mensch hat das Recht auf einen Lebensstandard, der Gesundheit und Wohl für sich selbst und die eigene Familie gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen […]“

Am heutigen Tag der Menschenrechte ist es notwendig, die Behörden Oberhavels daran zu erinnern. Denn das Jugendamt vertröstet die beiden von Termin zu Termin. Es drängt sich der Verdacht auf, als wollten die Behörden durch Hinhaltetaktik und den Entzug sozialer Versorgung die beiden Jugendlichen aus Oberhavel vertreiben.

Wir fordern das Jugendamt auf, den Jugendlichen unverzüglich eine Wohnmöglichkeit anzubieten. Der Landkreis Oberhavel muss das Jugendamt mit ausreichenden Mitteln ausstatten, damit es seine gesetzlichen Aufgaben erfüllen kann. Der Landkreis sollte die vorhandenen finanziellen Rücklagen dafür nutzen, die Grundversorgung der Einwohner*innen sicherzustellen und soziale und menschliche Not abzuwenden. Denn das ist seine Pflicht.