Aufnahme von syrischen Angehörigen von Geflüchteten in Brandenburg nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz

Uns erreichen viele Fragen zum Landesaufnahmeprogramm für syrische Flüchtlinge in Brandenburg. Hier veröffentlichen wir Antworten auf die häufigsten Fragen. Sie ersetzen aber keine qualifizierte Beratung im Einzelfall. Adressen von Beratungsstellen finden Sie ganz unten. Grundlage des FAQ ist die aktuelle allgemeine Weisung Nr. 04/2022 im Aufenthaltsrecht des Brandenburger Innenministeriums.

Vielen Dank an Christiane Uhlig, Christiane Guse und Katrin Albrecht für die Arbeit an diesen Fragen und Antworten.

 

Was ist das Landesaufnahmeprogramm bzw. die Landesaufnahmeanordnung?
  • Das Land Brandenburg ermöglicht die Aufnahme für Angehörige, die durch den Krieg in Syrien getrennt leben müssen – unter bestimmten Voraussetzungen
  • Aufnahme nach § 23 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG)
  • Aktuelle Laufzeit bis 31.12.23
  • Weitere Bundesländer mit Aufnahmeprogramm: Berlin, Bremen (U27), Hamburg, Schleswig-Holstein und Thüringen
  • Link zum zur vollständigen Weisung des Landes Brandenburg: Allgemeine Weisung Nr. 04/2022 Aufenthaltsrecht
Was unterscheidet das Landesprogramm vom Familiennachzug nach §§ 30, 32, 36 AufenthG?
  • Erleichterung des Nachzugs von Familienmitgliedern außerhalb der „Kernfamilie“ (= Eheleute, minderjährige Kinder und deren Eltern)
  • Kein Nachweis außergewöhnlicher Härte (Ausnahmesituation) erforderlich, aber die syrischen Staatsangehörigen müssen sich im Zeitpunkt der Antragstellung in Not oder Bedrängnis befinden
  • Kein Nachweis von Deutschkenntnissen erforderlich
  • Krankenversicherung wird vom Land Brandenburg übernommen nach §§ 4 und 6 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG)

Aber auch:

  • Keine Sozialleistungen für eingereiste Personen nach § 2 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) für die 5-jährige Dauer der Verpflichtungserklärung

In der aktuellen Weisung für das Jahr 2023 steht allerdings, dass Ehepartner:innen vorrangig nach den Regeln des Familiennachzugs (§§ 27 ff AufenthG) einreisen sollten und nicht über das Landesaufnahmeprogramm.

Wer kann nachziehen?
  • Familienangehörige wie
    • Verwandte ersten Grades (Eltern, Kinder),
    • Verwandte zweiten Grades (Großeltern, Enkel oder Geschwister) sowie deren Ehegatten und minderjährige Kinder.

 

  • Bei Ehepartner:innen: Ehe muss schon vor der Flucht aus Syrien bestanden haben und darf keine sogenannte „Zweit- oder Mehrehe“ sein
  • Minderjährige können nur zu oder mit ihren Personenberechtigten einreisen.
Was sind die Voraussetzungen für den Nachzug bei den Angehörigen im Ausland?
  • Gültiger syrischer Reisepass
  • Familienverhältnis zu Person in Deutschland ist nachweisbar (z.B. durch Auszug des syrischen Familienregisters)
  • Aufenthalt in Syrien oder Nachbarland
    ⇒in erklärten Ausnahmefällen auch in anderen Ländern
  • Der Familiennachzug muss zu dem/der in Brandenburg lebenden Verwandten erfolgen, der/die auch die Aufnahme des syrischen Familienangehörigen beantragt hat.
  • neu: Die syrischen Staatsangehörigen müssen sich im Zeitpunkt der Antragstellung weiterhin in Not oder Bedrängnis befinden (in Anlehnung an das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. März 2022 (1 A 1.21)), das heißt:
    • eine Integration am aktuellen Lebensort ist nicht möglich
    • also z.B. kein Aufenthaltstitel, kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit, kein Studien- oder Ausbildungsverhältnis, kein Schulbesuch der Kinder, keine angemessene Unterkunft, keine Gesundheitsversorgung, keine Religionsausübung
Was sind die Voraussetzungen für den Nachzug bei den Personen in Deutschland?
  • Geklärte Identität; Syrische Nationalität
  • Aufenthaltstitel
  • Aufenthalt (Hauptwohnsitz) in Brandenburg seit mind. 1 Jahr
  • Ausreichend Wohnraum für alle Personen (12qm/Erwachsene und 10qm/Kind unter 6 Jahren)
  • und angemessene Zimmeranzahl

Beispiel:
Nachholen der Eltern und des minderjährigen Bruders: (12 qm x 3 Erwachsene) + (10 qm x 1 Kind) = mindestens 56 qm

und Abgabe einer Verpflichungserklärung ⇓⇓

Was sind die Voraussetzungen für eine Verpflichtungsabgabe?
  • Verpflichtungsabgabe nach § 68 AufenthG:
    Sicherung des Lebensunterhalts für alle Personen (sich selbst und einreisende Personen)
  • Im besten Fall: unbefristeter Arbeitsvertrag seit 1 Jahr
  • Kein Bezug von Sozialleistungen

Alternativ bei Geringverdienst oder keinem Einkommen:
Zusätzliche oder nicht-familiäre Verpflichtungsgebende (so genannte „Dritte“).
Die Abgabe einer Verpflichtungserklärung nur durch Dritte ist lediglich im begründeten Ausnahmefall möglich

  • Verpflichtungsabgabe für 5 Jahre (auch, wenn sich der Aufenthaltszweck der einreisenden Familienmitglieder in dieser Zeit ändert)
  • Mehrere Verpflichtungsgebende sind möglich
  • Verpflichtungsgebende können auch in anderen Teilen von Deutschland oder sogar im Ausland leben
  • Verantwortungsbereich der Verpflichtungserklärung betrifft nur die üblichen Mittel für Lebensunterhalt wie die Kosten für Nahrung, Kleidung, Bildung, etc.
  • Keine Verpflichtung für Krankenversicherung. Diese wird vom Land Brandenburg übernommen

Berechnung Bonität:

  • Pfändungsfreigrenze + ALG II Satz (+ ggf. Wohnraum) = Mindesteinkommen
  • Nicht verbindliche Beispielrechnungen: Es gibt keine allgemein gültige Berechnung, sondern nur Leitlinien durch das Innenministerium. Die Beispiele dienen daher nur der Orientierung und dem Verständnis der Berechnungsgrundlage:

Beispiel Berechnungsgrundlage je nach Anzahl der unterhaltspflichtigen und nachziehenden Personen

(eigene Darstellung)

Visumverfahren und Ablauf
  • Formloser Antrag auf Aufnahme der Angehörigen muss bei der zuständigen Ausländerbehörde abgegeben werden
  • Der formlose Antrag sollte alle Angaben und Kontaktdaten der nachziehenden Person enthalten und ggf. Ausnahmen begründen
  • Zusätzlich müssen alle Unterlagen (Identitätsnachweise, Familiennachweise, Arbeitsvertrag, Lohnnachweise, Mietvertrag, …) bei der Ausländerbehörde eingereicht werden
  • Persönlicher Termin zur Verpflichtungsabgabe in der Ausländerbehörde
  • Nach Prüfung der Unterlagen und Zustimmung durch die Ausländerbehörde sendet diese eine Vorabzustimmung an die zuständige deutsche Auslandsvertretung
  • Die Auslandsvertretung kontaktiert in der Regel die Familienangehörigen und lädt sie zu einem Termin zur Vorsprache ein
  • Die Visa zur Einreise nach Deutschland werden von der Botschaft/ dem Konsulat vergeben.

Bei positiver Entscheidung der Ausländerbehörde:

Antrag und Unterlagen an Ausländerbehörde -> Überprüfung durch Ausländerbehörde -> Positive Entscheidung -> Ausländerbehörde sendet Zustimmung and deutsche Botschaft -> Termin bei Botschaft und Überprüfung -> Bei Zustimmung: Visa und Einreise

(eigene Darstellung)

  • Sollte die Ausländerbehörde den Antrag auf Aufnahme der Familie ablehnen, sollte überprüft werden, ob weitere Unterlagen eingereicht werden können oder noch weitere Verpflichtungsgeber*innen gefunden werden.

Bei negativer Entscheidung der Ausländerbehörde:

Antrag und Unterlagen an Ausländerbehörde -> Überprüfung durch Ausländerbehörde -> Negative Entscheidung -> Ablehnung der Ausländerbehörde -> Nachreichen von Unterlagen?

(eigene Darstellung)

 

Rechte und Pflichten nach der Ankunft
  • Bei einer Beratungsstelle kann geklärt werden, auf was jetzt geachtet werden sollte und was möglich ist
  • An einem Integrationskurs kann teilgenommen werden, dieser muss aber selbst bezahlt werden.
  • Die Krankenversicherung wird vom Sozialamt getragen und erfüllt für die ersten 18 Monate nur Basisleistungen
  • Es besteht eine Wohnsitzauflage für Brandenburg so lange wie die eingereisten Personen nicht selbst eine Arbeit haben.
  • Familiennachzug von anderen Personen nach Deutschland ist möglich. Der Familiennachtzug kann auch bei einer Beratungsstelle für Migration (MBE) oder dem DRK Suchdienst besprochen werden

Beratungsstellen für das Landesaufnahmeprogramm Brandenburg:

Der Fachberatungsdienst und die Migrationsberatung für Erwachsene Zuwanderer (MBE) im jeweiligen Landkreis. Kontakt zu den Beratungsstellen vor Ort finden Sie unter Adressen.

 

Beratungsfachdienst für Migrant*innen Potsdam

Rudolf-Breitscheid-Str. 64
14482 Potsdam

Christiane Guse

guse@dwstz.de

0331 23700879

Beratungsstelle

Beyerstr. 8
14469 Potsdam

Frau Lebelt

suchdienst@drk-lv-brandenburg.de

01520 9260306

Flüchtlingspaten Syrien e.V.

Beratung in Berlin

Paulstraße 19
10557 Berlin-Moabit

Katrin Albrecht

info@fluechtlingspaten-syrien.de