Es ist ein bekanntes Problem, dass afghanische Geflüchtete derzeit keine neuen Pässe in ihrer Botschaft beantragen können. Das behindert vielfach eine langfristige Bleibeperspektive (da Niederlassungserlaubnisse nicht erteilt werden) oder beeinträchtigt die schutzberechtigten Afghan*innen in ihrer Reisefreiheit. Viele Afghan*innen sehnen sich danach, nach langen Jahren der Trennung, ihre Familien treffen zu können.

Das Brandenburger MIK hat darauf nun mit einem Informationsschreiben an die Ausländerbehörden reagiert (Nr. 52/2022 vom 04.08.2022). Da uns das Informationsschreiben nicht vorliegt, möchten wir hiermit sinngemäß seinen Inhalt wiedergeben:

Mitteilung an die Ausländerbehörden über momentane Unmöglichkeit der Passbeschaffung
In dem Informationsschreiben teilt das MIK den Ausländerbehörden mit, dass es derzeit für afghanische Staatsbürger*innen unzumutbar ist, Pässe zu beschaffen. Die afghanische Botschaft erteilt derzeit wegen technischer Probleme keine neuen Pässe.

Bescheinigung über Passbeantragung bleibt nötig
Damit Afghan*innen z.B. einen Ersatzreiseausweis beantragen können, müssen sie bei der Ausländerbehörde trotzdem noch nachweisen, dass sie versucht haben, einen Pass zu beantragen. Es muss also eine Bescheinigung der Botschaft über die Unmöglichkeit der Ausstellung eines Passes vorgelegt werden. So sollen afghanische Geflüchtete ihre Mitwirkungspflicht bei der Passbeschaffung nachweisen.

Verlängerungen von Pässen ist möglich
Die afghanische Botschaft nimmt laut MIK Verlängerungen von afghanischen Pässen im Inland mittels Etiketten oder Feuchtstempeln um weitere fünf Jahre bis zu einer Gesamtgültigkeit von 10 Jahren vor.

Ausstellung von Reiseausweisen für Ausländer in begründeten Einzelfällen
Das MIK geht davon aus, dass die Passbeantragung nur vorübergehend nicht möglich ist. Deshalb können afghanische Geflüchtete nur einen Reiseausweis für Ausländer erhalten, wenn sie zwingende Gründe dafür angeben. Das könnte z.B. sein bei dringenden familiären Hilfeleistungen im Ausland (z.B. schweren Erkrankung eines Familienmitglieds) oder Tod eines Familienmitglieds.

Die Reiseausweise sollten grundsätzlich nicht für Afghanistan gelten, Ausnahmen sind möglich.

 

 

Auch wenn es begrüßenswert ist, dass das MIK nun endlich auf die Problematik der Nichtausstellung afghanischer Pässe reagiert, hat es doch in gewohnter Marnier einen sehr umständlichen und restriktiven Umgang damit gewählt. Trotz der Bekanntheit des Problems müssen Afghan*innen Kontakt zur Botschaft aufnehmen. Darüber hinaus bleibt die Beantragung der Reiseausweise kompliziert und es ist unklar, mit wie viel Aufwand z.B. die Krankheit eines Familienmitglieds nachgewiesen werden muss. Auf diese Weise bleibt viel Spielraum für Willkür seitens der Ausländerbehörden. Das Informationsschreiben sagt außerdem nichts zur Erteilung von Niederlassungserlaubnissen – die auch die Vorlage eines Passes notwendig macht. Viele Afghan*innen sehnen sich nach einer stabilen Bleibeperspektive, die ihnen so verwehrt bleibt, ohne dass sie etwas an der Situation verändern könnten. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn das Innenministerium auch diese Problemlagen in den Blick genommen hätte und das Verfahren auch für afghanische Geflüchtete transparent machen würde.