Berlin-brandenburgischer Zusammenschluss mobilisiert für Samstag, den 5. Juni zu einer Kundgebung in der Bundeshauptstadt
Knapp zwei Wochen vor der Innenministerkonferenz Mitte Juni ruft ein Zusammenschluss von Organisationen und Initiativen aus Berlin und Brandenburg für morgen Samstag zum lautstarken öffentlichen Protest am Brandenburger Tor auf. Ihre Kritik richtet sich gegen die unverminderten Abschiebungen von Menschen aus Deutschland nach Afghanistan. Die Kundgebung, die unter anderen von YAAR e. V., We’ll Come United Berlin/Brandenburg, No border assembly, Jugendliche ohne Grenzen, Flüchtlingsrat Berlin, Flüchtlingsrat Brandenburg sowie Seebrücke Berlin organisiert wird, ist nur eine von zahlreichen Protestaktionen, die im Rahmen einer bundesweiten Aktion an diesem Tag stattfinden wird.
Rund 70 Organisationen, Verbände und Initiativen haben dazu bereits vor Wochen einen Aufruf gestartet, in dem mit scharfer Kritik an der deutschen Bundesregierung, Bundesinnenminister Horst Seehofer sowie allen abschiebewilligen Innenministern und Innenministerinnen der Bundesländer vor allem Eines gefordert wird: Stoppt alle Abschiebungen nach Afghanistan, denn Afghanistan ist nicht sicher!
Afghanistan wird im Global Peace Index 2020 zum zweiten Mal in Folge als unsicherstes Land der Welt geführt. Das Land wird seit über 40 Jahren von Kriegsgeschehen beherrscht, sämtliche internationalen Interventionen vermochten dem kein Ende zu setzen. Allein im ersten Quartal dieses Jahres wurden in kriegerischen Auseinandersetzungen 570 afghanische Zivilistinnen und Zivilisten getötet und mehr als 1200 zivile Personen verletzt. Nichtsdestotrotz hat die NATO am 1. Mai mit ihrem Truppenabzug begonnen. Laut verschiedener Expertenstimmen könnte dies unschwer eine weitere massive Zuspitzung der Sicherheitslage in dem kriegsgebeutelten Land zur Folge haben. Auch die wirtschaftliche Situation in Afghanistan ist seit langem desaströs und hat sich durch die Covid-19-Pandemie weiter dramatisch verschlechtert. Laut dem stellvertretenden UN-Chef für humanitäre Hilfe Ramesh Rajasingham hat sich die Zahl der Menschen in Not in Afghanistan im Laufe des letzten Jahres nahezu verdoppelt. Im März 2021 befanden sich fast 17 Millionen Menschen in einer Krise oder einem Notstand der Ernährungssicherheit.
„In jüngster Zeit sind bereits verschiedene Verwaltungsgerichte in ihren Urteilen zum Schluss gekommen, dass die Gefährdungslage in Afghanistan aktuell ein rechtskräftiges Abschiebehindernis darstellt. Doch auf politischer Ebene scheint man stur am Fahrplan der Realitätsverweigerung festhalten und weiterhin um jeden Preis Menschen nach Afghanistan abschieben zu wollen“, kommentiert Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat Brandenburg kritisch.
Dem Aufruf zum Aktionstag ist zu entnehmen, dass seit Ende 2016 bereits über 1000 Menschen mit Sammelabschiebeflügen nach Afghanistan abgeschoben worden sind. Abgeschoben in das Land, das aufgrund bereits Jahrzehnte andauernder gewaltsamer Konflikte und Vertreibung die weltweit drittgrößte Flüchtlingszahl aufweist.
In dem Aufruf werden daher auch klare Forderungen an die Politik gestellt: Neben einem sofortigen und absoluten Abschiebestopp nach Afghanistan wird ein Bleiberecht für afghanische Geflüchtete in Deutschland gefordert. Darüber hinaus wird auch verlangt, das gefährdete Personen und insbesondere Ortskräfte und ihre Familien schnell evakuiert werden. Als weitere Forderung wird die unbürokratische und schnelle Ermöglichung des Familiennachzugs zu afghanischen Geflüchteten in Deutschland aufgeführt.
Diese Forderungen sollen laut den Initiatorinnen und Initiatoren des Aktionstages am Samstag nicht nur in Berlin, sondern gleichzeitig auch in Erfurt, Göttingen, Köln, Leipzig, München, Saarbrücken und weiteren Städten von vielen Menschen kraftvoll auf die Straße getragen werden.
Weiterer Informationen zum bundesweiten Aktionstag:
- Zum Aktionstag auf der Webseite des bundesweiten Netzwerks gegen Abschiebungen nach Afghanistan (www.afghanistan.not-safe.de)
- Aufruf und Liste der bundesweit geplanten Aktionen zum Aktionstag