Flüchtlingsorganisationen unterstützen schleswig-holsteinische Gesetzesinitiative. Gemeinsame Presseerklärung von PRO ASYL und den Flüchtlingsräten

Die Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL begrüßen die Initiative Schleswig-Holsteins im Bundesrat, die Inhaftierung von minderjährigen Kindern und Jugendlichen – allein oder im Familienverbund – zwecks folgender Abschiebung grundsätzlich gesetzlich auszuschließen.

Martin Link, Geschäftsführer beim Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein, erklärt dazu: „Die Landesflüchtlingsräte lehnen Abschiebungshaft und erst recht die Inhaftierung von Familien und Minderjährigen grundsätzlich ab.“ Nach den Regelungen der UN-Kinderrechtskonvention, an die Deutschland völkerrechtlich gebunden ist, sei eine Inhaftierung von Minderjährigen vor einer geplanten Abschiebung unverhältnismäßig und ein Verstoß gegen das Kindeswohl.

Dem trage der Antrag im Bundesrat Rechnung erklärt Günter Burkhard, Geschäftsführer bei PRO ASYL: „Wir fordern alle Landesregierungen auf, dem Vorhaben am Freitag zuzustimmen, damit der Bundestag diese überfällige Gesetzesänderung noch vor der Sommerpause beschließen kann!“

Die Landesflüchtlingsräte und PRO ASYL weisen darauf hin, dass der vorliegende Gesetzesantrag die Frage der möglichen Inhaftierung von Minderjährigen an Flughäfen (§ 18a AsylG) außen vorlässt. Die Verbände fordern, dass Haft Minderjähriger zwecks Abschiebung ausnahmslos gesetzlich untersagt wird und dieser Passus daher in den Gesetzentwurf aufgenommen wird.

„Geflüchtete Kinder und Jugendliche sind regelmäßig aufgrund der Erlebnisse ihrer nicht selten lebensgefährlichen Flucht als schwer belastet und traumatisiert zu betrachten“, mahnt Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Diese Kinder daraufhin neben der zwangsweisen Abschiebung auch noch der Inhaftierung anheim zu stellen, sei als strukturelle Körper- und Kindeswohlverletzung entschieden abzulehnen.

In Brandenburg ist die Abschiebehaft zwar wegen baulicher Mängel seit 2017 geschlossen. Das Land nutzt jedoch die Haftanstalten anderer Bundesländer. Am Flughafen Schönefeld können Geflüchtete darüber hinaus zum Zweck ihrer Abschiebung in Gewahrsam genommen werden – von dieser Haft, die auf eine Maximaldauer von 10 Tagen begrenzt ist, sind Minderjährige nicht ausgenommen.

Auch das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention stehen der Inhaftierung Minderjähriger deutlich entgegen. Der Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit verbietet deswegen auch die Zivilhaft für Minderjährige in praktisch allen Fällen. Minderjährige Geflüchtete sind als besonders Schutzbedürftige gem. Art. 21 der EU-Aufnahmerichtlinie, die insbesondere Alleinerziehende und deren Kinder schützt, zu betrachten.

Hintergrund
Die Landesregierung Schleswig-Holstein hat am 04. Mai 2021 einen Gesetzesantrag beim Bundesrat vorgelegt (BR Drs. 344/21), der in Abänderung von § 62 Abs. 1 Satz 3 AufenthG zum Ziel hat, die Inhaftierung von Minderjährigen in Abschiebungshaft kategorisch auszuschließen.

 

Pressekontakt:

  • Der Flüchtlingsrat Niedersachsen steht Ihnen für Rückfragen und weitere Informationen gern zur Verfügung:
    0178 / 1732569 I kw@nds-fluerat.org I www.nds-fluerat.org
  • Kontakt Flüchtlingsrat Brandenburg: Lotta Schwedler: 0176 2142 5057