Menschenwürdige Versorgung, Recht auf Asyl und Solidarität statt Abschottung und Notstandsrhetorik

Horst Seehofer bezeichnet geflüchtete Menschen in seiner gestrigen Pressekonferenz zur Migrationslage an der Grenze zu Polen als ‚hybride Bedrohung‘ und ‚politische Waffe‘ und will den Nachbarstaat bei der ‚Abwehr‘ der Flüchtenden unterstützen. Derweil werden Geflüchtete, die es bereits bis auf brandenburgischen Boden geschafft haben, zum Teil nur mangelhaft versorgt. Der Flüchtlingsrat Brandenburg kritisiert: Die Reaktion auf das aktuelle Migrationsgeschehen in Brandenburg zeigt einmal mehr auf beschämende Weise, welch geringen Stellenwert politisch Verantwortliche schutzsuchenden Menschenleben einräumen.

Brandenburg muss eine menschenwürdige Versorgung der neu Ankommenden sicherstellen

Die Menschen, die es auf ihrer Suche nach Schutz an Grenzschützern und Zäunen vorbei bis nach Brandenburg schaffen, haben das Recht auf menschenwürdige Behandlung. Zudem sollte es schlicht unser gesellschaftlicher Anspruch sein, Geflüchtete gut unterzubringen. Das dies aktuell nur ungenügend gelingt, ist in einem reichen Land wie Deutschland nicht akute Folge davon, dass seit ein paar Wochen mehr Menschen als üblich über die deutsch-polnische Grenze flüchten, sondern schlicht Spiegel des fehlenden politischen Willens der letzten Jahre“, betont Vincent da Silva vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

Den Flüchtlingsrat haben glaubwürdige Schilderungen erreicht, dass Ankommenden, die an der Grenze von der Bundespolizei aufgegriffen worden sind, Handys und Geld abgenommen wurde. Auch bei der Unterbringung der Menschen wurden dem Flüchtlingsrat Mängelberichte zugetragen: So komme es zu Engpässen bei Essensversorgung und medizinischer Versorgung und auch die rechtlich geregelte Auszahlung von Sozialleistungen funktioniere nicht reibungslos.

Die Zentrale Ausländerbehörde muss auch in der aktuell veränderten Situation in den Erstaufnahmeeinrichtungen die Versorgung sicherstellen. Davon sind wir derzeit noch ein gutes Stück entfernt. Es braucht überall akzeptable Sanitäranlagen, angemessene und ausreichende Essensversorgung sowie die Möglichkeit selbst Lebensmittel zuzubereiten. Zudem braucht es Schutzräume und Unterstützung für besonders Schutzbedürftige, rechtliche wie soziale Beratung, Dolmetscherinnen und Dolmetscher, transparente Informationen, gute medizinische Versorgung und auch die Auszahlung von Sozialleistungen muss gewährleistet sein“, fordert Vincent da Silva.

Kein Platz der Panikmache und rechtspopulistischer Agitation in Brandenburg

Der Flüchtlingsrat Brandenburg spricht sich zudem auch vehement gegen öffentliche Darstellungen aus, die in der aktuellen Situation nur eine unmittelbare Bedrohung erkennen wollen und unverblümt Abschottung das Wort reden. Mit schlechtem Beispiel voran ging hier Innenminister Horst Seehofer in seiner Pressekonferenz zur aktuellen Lage an der polnischen Grenze. „Seine Rhetorik von fliehenden Menschen als Bedrohung oder gar Waffe setzt auf öffentlichkeitswirksame Panikmache und füttert nur rechtspopulistische Narrative. Zur Verhinderung der massiven Menschenrechtsverletzungen, die aktuell an der europäischen Außengrenze geschehen, trägt es jedoch rein gar nichts bei. Geflüchtete haben das individuelle Recht, ein faires Asylverfahren zu durchlaufen. Wer das hinterfragt, hinterfragt letztlich den deutschen Rechtsstaat genauso wie völkerrechtliche Verpflichtungen“ kritisiert Jibran Khalil vom Vorstand des Flüchtlingsrats.

Auswuchs solcher Abschottungs- und Bedrohungsdiskurse sind nicht zuletzt Aufrufe rechtsextremer Akteure in Brandenburg, die sich bemüßigt fühlen, zum Mittel selbstjustizieller Grenzpatrouillen zu greifen.

Um jedoch zu demonstrieren, dass sich Brandenburg mit den Menschen auf der Flucht solidarisch zeigt und rechter Populismus hier keinen Platz hat, wird am kommenden Samstag im brandenburgischen Guben die 24-stündige Mahnwache „Rassismus ist keine Meinung“ abgehalten. Der Flüchtlingsrat ruft mit dazu auf, sich an der Mahnwache zu beteiligen!

 

Pressekontakt:
Flüchtlingsrat Brandenburg, Vincent da Silva, Tel.: 0151-42027426