Das Bundeskabinett will heute über einen Gesetzesentwurf entscheiden, der den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte1 für zwei Jahre aussetzt. Was technisch klingt, ist in Wirklichkeit ein massiver Eingriff in das Recht auf Familie – und eine humanitäre Bankrotterklärung.

Familiennachzug: Ein legaler Weg wird dichtgemacht

Der Familiennachzug war für viele Geflüchtete der einzige legale und sichere Weg, Ehepartner*innen und Kinder nachzuholen. Mit der Aussetzung dieses Rechts bleibt ein Elternteil oder Partner oft in Krisensituationen zurück – getrennt von der Familie, abgeschnitten vom Schutz. Die Folge: Menschen werden wieder auf gefährliche Fluchtrouten gedrängt. Wenn dieselben Parteien, die das verursachen, diese Fluchtwege dann als „illegale Migration“ stigmatisieren, ist das nicht nur zynisch – es ist verantwortungslos.

CDU/CSU: Christliche Werte nur für manche

Besonders bitter ist, dass ausgerechnet die CDU/CSU den Schutz der Familie in ihren Wahlprogrammen betont. Für Geflüchtete scheint dieses Grundrecht aber nicht zu gelten. Die betroffenen Familien werden wie Menschen zweiter Klasse behandelt – und das bewusst.

„Familien werden zerbrechen – und Menschen werden sterben“

Martin Kühn, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrats Brandenburg, erlebt seit Jahren im Rahmen seiner ehrenamtlichen Arbeit hautnah, wie schwierig, langwierig und oft unrechtmäßig Familiennachzugsverfahren schon heute sind. Die aktuelle Gesetzesinitiative sei ein Dammbruch. „Wer das beschließt, nimmt in Kauf, dass Familien zerstört und Menschenleben gefährdet werden – darunter auch viele Kinder. Das ist keine Sicherheitspolitik, das ist blinder Aktionismus auf dem Rücken der Schwächsten.“

Jetzt ist Solidarität gefragt

Es geht hier nicht um abstrakte Gesetzesfragen, sondern um konkrete Schicksale. Um Eltern, die ihre Kinder vermissen. Um Kinder, die ohne ihre Familie in Gefahrenzonen leben. Die Zivilgesellschaft muss sich dem entgegenstellen – laut, deutlich und solidarisch.

Zum Weiterlesen: https://www.proasyl.de/pressemitteilung/familienzerstoerungsgesetz-pro-asyl-lehnt-geplantes-gesetz-der-bundesregierung-zur-aussetzung-des-familiennachzugs-ab/

 

1Eine Person erhält subsidiären Schutz (§ 25 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 Aufenthaltsgesetz), wenn zwar keine Flüchtlingseigenschaft vorliegt, aber ernsthafter Schaden im Herkunftsland droht, zum Beispiel: Todesstrafe oder Hinrichtung, Folter oder unmenschliche beziehungsweise erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson aufgrund willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. (Quelle: Pro Asyl)