Die Parade der Mützen- und Uniformträger, die als Zeugen der Anklage gegen uns aussagen, geht weiter: Diesmal waren es ein leibhaftiger Marschall der Hafenbehörde und ein Offizier der Küstenwache, die ihre Erinnerungen und Vermutungen im Fall der „Cap Anamur“ zum besten gaben. Erneut wurde deutlich, daß die Blockade gegen das Schiff mit den 37 Geretteten an Bord auf unmittelbare Weisung aus Rom verhängt wurde. Warum? „Wir hatten die Ankunft von Schiffbrüchigen gemeldet, aber im Innenministerium ging man von illegaler Einreise aus“, sagte Giuseppe Rando, Chef der Küstenwache in Porto Empedocle, aus. Daraufhin sei von einem gewissen „Admiral Lolli“ die Order gekommen: „Nicht einlaufen lassen!“ So habe man es dann gemacht.
Der zweite Zeuge, Marschall Giovanni Tarantino, hatte „auf eigene Initiative hin“ den Voyage-Recorder (Navigations-Computer) der „Cap Anamur“ ausgewertet. Befund: Alle Angaben, die die Besatzung zur Fahrtroute gemacht hat, seien korrekt. Da die Fakten nichts hergaben, durfte der Zeuge dafür wenigstens noch ein bißchen über die Tatsachen spekulieren. Die Testfahrten des frisch reparierten Schiffes „wirkten auf mich so, als wären die Patrouille gefahren“, munkelte der kleinwüchsige, aber prächtig herausgeputzte Marschall. Die Richtung ist klar: Hier sollen sich humanitäre Helfer gegen den ungeheuren Verdacht zur Wehr setzen, sie hätten etwa absichtlich versucht, Menschen in großer Not zu Hilfe zu kommen!
Wenigstens wurde im Saal Nummer 7 des Justizpalastes zu Agrigento mit einer anderen, bösartigen Unterstellung endgültig aufgeräumt: Beide Zeugen bestätigten, daß von der „Cap Anamur“ zu keinem Zeitpunkt etwa Gefahr für die eingesetzten Schiffe oder Beamten ausgegangen sei. Damit ist die frühere Aussage des Polizeichefs, wir hätten versucht „mit Gewalt in den Hafen durchzubrechen und dabei Leib und Leben der Sicherheitskräfte gefährdet“, als glatte Lüge entlarvt. Immerhin ein Anfang!
Fortsetzung des Schauspiels am 29. Januar.