26.02.2018
Flüchtlingsrat Brandenburg fordert menschenwürdige und dezentrale Unterbringung und Zugang zu Hilfestrukturen!
Am vergangenen Mittwoch besuchte Innenminister Schröter die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Doberlug-Kirchhain. Der Fokus lag dabei auf Auseinandersetzungen zwischen Bewohner_innen, denen nun mit erhöhter Präsenz von Polizei und Sicherheitspersonal begegnet werden soll. Der Flüchtlingsrat Brandenburg ist empört über die Ignoranz von Landesregierung, Innenministerium und Polizei gegenüber den strukturellen Ursachen für diese Vorfälle, die in der problematischen Lagerunterbringung begründet sind. Die Folgen, die Unterversorgung, Isolation und Perspektivlosigkeit haben können, sind hausgemacht, verursacht von einer menschenunwürdigen Unterbringungspolitik der Landesregierung.
In Gemeinschaftsunterkünften wie der Erstaufnahme haben Menschen kaum Rückzugsmöglichkeiten, sie sind häufig extremen Alltagssituationen, Enge und Stress ausgesetzt. Erstaufnahmelager fungieren zunehmend als Abschieberampen und schließen Menschen aus dem gesellschaftlichen Zusammenleben gezielt aus. Konkret bedeuten sie die Verwehrung von regulärer Beschulung, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, Arbeitsverbote, minimale Gesundheitsversorgung und stark eingeschränkten Zugang zu Beratungs- und Hilfestrukturen. Polizei und Sicherheitsdienst bedeuten für die Bewohner_innen nicht Schutz, sondern Kontrolle und Abschiebung. Insofern ist eine Verstärkung dieser Kontrollinstanzen mehr als fragwürdig, da sie zu weiterem Stress und Angst führen wird.
„Es ist zynisch und unmenschlich, Menschen monate- und jahrelang auf engstem Raum zentral in abgelegenen Kasernen unterzubringen und dann die Auswirkungen dieser Zwangsunterbringung als Anlass zu nehmen, die Freiheiten und Handlungsmöglichkeiten der Betroffenen noch weiter einzuschränken“, kommentiert Lotta Schwedler vom Flüchtlingsrat Brandenburg. Studien zu den Effekten zentraler, fremdbestimmter Unterbringungsformen haben gezeigt, dass sich diese Lebensbedingungen gesundheitsschädigend auswirken können.1
Anstatt eine sachgerechte Analyse der Ausgangslage vorzunehmen, diskutiert Schröter lieber einen Verbleib von Flüchtlingen bis zu 24 Monaten in Erstaufnahmeeinrichtungen wie Doberlug-Kirchhain. Ein wirksamer Gewaltschutz kann aber nur erfolgen, wenn Lager wie dieses abgeschafft werden. Menschen müssen unabhängig von Herkunft und Bleibeperspektive dezentral untergebracht und aufgenommen, statt ausgegrenzt und kaserniert werden.
Presseanfragen: Lotta Schwedler 0176 2142 5057
 
1 https://www.fh-dortmund.de/de/hs/medien/Was-wir-ueber-Fluechtlinge-nicht-wissen.pdf