h6. Judith Gleitze
Auf den ersten Blick schien das diesjährige Antirassistische Pfingstcamp ein Erfolg. Vier Tage Diskussionen und Arbeitsgruppen, eine Innenstadtaktion und eine Aktion an der Abschiebehaftanstalt. Ein Camp, an dem sich neben Linken und AntirassistInnen aus dem Land Brandenburg ebenso viele MigrantInnen beteiligten. Das Ganze nur wenig getrübt durch kleinere Zwischenfälle mit Nazis und Beschimpfungen durch Beamte der LESE (Polizeieinheit aus Potsdam – Strafanzeigen wurden bereits erstattet).
Jetzt, nachdem das Camp vorbei ist, stellt sich die Frage: Was bleibt? Die Situation in der ZABH, der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für AsylbewerberInnen, und in der Abschiebehaftanstalt sind nach wie vor schlecht. Außer einem Pfarrer aus Berlin, der alle zwei Wochen Menschen in Abschiebehaft besucht, gibt es keinerlei Kontakt nach außen. Vorfälle, wie der Selbstmordversuch einer jungen Kenianerin, die in Haft Haarfärbemittel zu sich nahm, dringen nicht an die Öffentlichkeit. Wie es genau in dem durch mehrere Stacheldrahtzäune von der Außenwelt abgeschotteten Abschiebeknast zugeht weiß kaum jemand. Hier sind Menschen eingesperrt, deren einziges Vergehen es ist, in der Festung Europa nicht erwünscht zu sein. Gab es vor zwei Jahren noch Versuche von antirassistischen Gruppen einen kontinuierlichen Kontakt und eine juristische Betreuung zu gewährleisten, ist davon nichts mehr übrig geblieben. Die Flüchtlinge aus der ZABH, die sich oft erst seit kurzer Zeit in Deutschland befinden, haben auf dem Camp vermutlich Hoffnungen geschöpft, die sich so sicher nicht einlösen lassen. Es wird ihnen, wenn überhaupt, sicher nicht häufig wieder passieren, dass sie ohne von Nazis bedroht und von rassistischen Normalbürgern mißtrauisch beäugt mehrere Tage mit anderen Menschen verbringen werden.
Wenn die Wirkung des Camps nicht verpuffen soll, muss also mehr geschehen. Deshalb laden wir alle ein, die Interesse haben – egal in welcher Weise – zur ZABH oder zum Abschiebeknast zu arbeiten, sich mit uns und Flüchtlingsselbstorganisationen in Verbindung zu setzen. Eisenhüttenstadt ist am äußersten Rand von Brandenburg, uns ist daher klar, dass es sehr schwierig sein wird, mit mehreren Leuten kontinuierlich zu diesem Thema zu arbeiten. Allerdings ist auch klar: Wer, wenn nicht wir? Wer Interesse hat, sich weiter mit dem Abschiebeknast und der ZABH zu beschäftigen – sei es durch Besuche von Häftlingen oder durch Öffentlichkeitsarbeit etc. – kann sich unter post@jdjl-brandenburg.de melden.
Inzwischen (juli 2003) hat sich auch ein Arbeitskreis gebildet, der zu verschiedenen Schwerpunkten in Eisenhüttenstadt arbeiten wird. Sucht Ihr/Suchen Sie Konatkt, kann die oben genannte email Adresse oder die des Flüchtlingsrats genutzt werden.