h6. Keine Wohnsitzbeschränkende Auflagen für Flüchtlinge und Asylberechtigte, die die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention innehaben
Die Ausländer- und Integrationsbeauftragten der Länder und Kommunen erklären mehrheitlich auf der Bundeskonferenz am 13./14. Juni 2006 in Potsdam zum Thema „Wohnsitzbeschränkende Auflagen für Flüchtlinge und Asylberechtigte, die die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention innehaben“:
Flüchtlinge und Asylberechtigte, die die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention innehaben, eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG erhalten und Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII beziehen, dürfen nicht grundsätzlich durch wohnsitzbeschränkende Auflagen in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt werden. Dies widerspricht dem völkerrechtlichen Grundgedanken der Inländergleichbehandlung anerkannter GFK-Flüchtlinge.
Die Praxis, wohnsitzbeschränkende Auflage zu verfügen, bedeutet zum einen eine nicht notwendige Verschlechterung für Asylberechtigte nach Art. 16a Grundgesetz, die früher eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis ohne Auflagen erhielten. Zum anderen erschwert sie die Integration aller anerkannten GFK-Flüchtlinge, die Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII beziehen, weil für sie eine landesweite Arbeitsplatzsuche nur über Besuchskontakte bzw. Pendeln erfolgen kann.
In einigen Fallkonstellationen ist es für die Betroffenen auch faktisch aussichtslos, den Leistungsbezug, der Grund für die wohnsitzbeschränkende Auflage ist, zu überwinden (z.B. für behinderte oder ältere anerkannte Flüchtlinge) oder der verfügten Auflage stehen schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegen (Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Grundgesetz und Art. 8 Europäische Menschenrechtskonvention).
Es sollte auch ausgeschlossen sein, nach einem einmal genehmigten Wohnsitzwechsel erneut eine wohnsitzbeschränkende Auflage zu verfügen, da der Zweck einer gleichmäßigen Verteilung der Betroffenen im Land durch eine erneut verfügte Auflage an dem neuen Wohnort dann nicht mehr erreicht werden kann.
h6. Begründung:
Im Rahmen der Ausländerreferentenbesprechung der Länder vom 19./20.04.2005 wurde eine bundeseinheitlichen Verfahrensweise zu wohnsitzbeschränkenden Auflagen gem. Aufenthaltsgesetz verabschiedet. Diese sieht unter anderem vor, dass wohnsitzbeschränkende Auflagen auch für Personen zulässig sind, die die Rechtsstellung nach der Genfer Flüchtlingskonvention innehaben, wenn diese Leistungen beziehen. Zuvor hatte es das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf das Europäische Fürsorgeabkommen untersagt, anerkannten GFK-Flüchtlingen sozialhilferechtliche Beschränkungen der Freizügigkeit auf Grund von § 120 Abs. 5 Satz 2 BSHG aufzuerlegen (Urteil 18.05.2000, Az. 5 C 29/98).
Magdolna Grasnick + Katrin Böhme