Im Dauerregen fand am Samstag die bundesweite Demonstration *“FIGHT RACISM NOW! – 20 Jahre nach der Abschaffung des Grundrechts auf Asyl – 20 Jahre nach dem Mordanschlag von Solingen“* statt.
Wir dokumentieren hier den Redebeitrag von Flüchtlingsaktivisten, die in der „AG-Arbeit“ des Flüchtlingsrats mit arbeiten:

*Liebe Freundinnen und Freunde,*
Der sogenannte Asylkompromiss war und ist aus Sicht der Gesetzgeber ein Kompromiss zwischen der rassistischen Stimmung in der Bevölkerung und dem Recht von Flüchtlingen auf Asyl. Aus unserer Sicht ist schon der Begriff völlig *absurd – uns werden Rechte weggenommen und sie sprechen von einem Kompromiss.* Auf diesem absurden Gedanken basieren alle Gesetze, die die Rechte von uns Flüchtlingen einschränken. Zum Beispiel: Das Asylbewerberleistungsgesetz, das unser Recht auf medizinische Regelversorgung und unser Recht auf gleiche Sozialleistungen wegwischt. Zum Beispiel: Das Asylverfahrensgesetz, das uns in Lager zwingt.
Und zum Beispiel die Beschäftigungsverfahrensverordnung, die uns das Recht auf Arbeit abspricht.
Dazu sage ich jetzt etwas mehr:
Wir haben oft noch nicht mal das Recht uns Arbeit zu suchen. Denn im ersten Jahr nach dem Asylantrag haben wir ein Arbeitsverbot.
Danach haben wir solange das Asylverfahren läuft eine sogenannte nachrangige Arbeitserlaubnis. Das bedeutet: Wenn wir Arbeit suchen wollen, bekommen wir von der Ausländerbehörde ein Formular. Mit diesem Formular dürfen wir Arbeit suchen und der Arbeitgeber, den wir gefunden haben, soll es ausfüllen und rein schreiben wie viel wir verdienen sollen, welche Arbeit wir machen sollen und so weiter. Dieses Formular schickt die Ausländerbehörde an die Agentur für Arbeit und die entscheidet, ob wir den Job machen dürfen. Meistens sagt sie Nein, weil es andere Arbeitslose gibt, die zuerst kommen: Deutsche, EU-Bürger, oder andere Ausländer, die schon eine Arbeitserlaubnis haben. Die werden dann zu dem Job geschickt, den wir mit unserem Formular gefunden haben.
Das heißt, wir haben den Arbeitsplatz für andere gefunden.
Das bedeutet wir haben fast keine Chance.
Wenn unser Asylantrag abgelehnt wird, bekommen wir eine Duldung und sollen ausreisen beziehungsweise Dokumente besorgen, damit die Ausländerbehörde uns abschieben kann.
Ja, stellt euch vor: Wir sind verpflichtet dazu an unserer Abschiebung mit zu wirken. Das nennt sich „Mitwirkungspflicht“. Wer keine Dokumente besorgt oder besorgen kann gilt als „Mitwirkungspflichtverletzer“. Und bekommt ein Arbeitsverbot.
Und oft werden dazu noch die Sozialleistungen gekürzt. Und dazu noch die Bewegungsfreiheit wieder auf den Landkreis begrenzt. Ach so, im Lager bleiben müssen wir dann auch. Das heißt wir werden wie Verbrecher behandelt. Trotzdem – die meisten bringt das nicht dazu sich abschieben zu lassen. In dieser Situation leben manche von uns jahrenlang. 2 Jahre, 5 Jahre, 10 Jahre oder sogar 14 Jahre. Ihr habt vielleicht davon gehört, dass es eine sogenannte Bleiberechtsregelung gibt- für Flüchtlinge, die schon so lange da sind.
Aber für die sogenannten Mitwirkungspflichtverletzer gibt es die nicht: Nur wer Arbeit hat darf bleiben und die sogenannten Mitwirkungspflichtverletzer dürfen ja nicht arbeiten.
Das ist die totale Sackgasse. Nach Jahren ohne Perspektive in Deutschland können wir auch nicht zurück. Wir konnten jahrelang unsere Familien zu Hause mit nichts unterstützen und konnten ihnen nichts erzählen, was wir hier machen und wie es uns geht. Das kann man auf die Dauer nicht aushalten. Man telefoniert einfach nicht mehr und bricht den Kontakt ab.
Diese Sackgasse können viele nicht nicht aushalten – sie werden krank.
*Deshalb sagen wir: Weg mit diesen Arbeitsverboten!
Schafft die absurde Konstruktion „Mitwirkungspflichtverletzung“ ab!
Bleiberecht für alle!*